Nach dem Erfolg weg von Wien

SOHN
Indie-Star SOHN zog von Wien nach Los Angeles, wo er eine neue Liebe und einen neuen Sound fand.

"Rennen" hat Toph Taylor, der Mann hinter dem Pseudonym SOHN, sein neues Album genannt. Im Interview mit dem KURIER erklärt er diesen Titel mit einem für seine Ex-Heimat wenig schmeichelnden Grund: "Ich bin nach sechs Jahren in Wien von dort weggerannt. Aber nicht wegen der Stadt, sondern weil die Beziehung, die ich dort hatte, zu Ende gegangen war. Aber der Albumtitel bezieht sich auch darauf, dass ich mit dem Erfolg meines Albums ‚Tremors‘ fast zwei Jahre lang getourt bin und dabei die Welt umrundet habe."

Mehr als 60 Millionen Mal wurden Songs von "Tremors" auf Spotify gestreamt. Der in London geborene Musiker, der mit der Band Trouble Over Tokyo startete, bekam Lobeshymnen von allen Musikkritikern und Einladungen zu allen großen Festivals. "Es war toll – aber gleichzeitig ein Gefühl, als würde ich durch das Leben sprinten."

Verliebt

Entsprechend klingt "Rennen": Die verwobenen, tief traurigen Klanglandschaften und Klavier-Balladen sind poppigeren Songs und lebhafteren Rhythmen gewichen, die SOHN mit souligem Gesang krönt. Geblieben ist sein Gefühl für markante Melodien und unkonventionelle Arrangements, die dichte Atmosphäre schaffen.

Der neue Sound liegt daran, dass SOHN in Los Angeles glücklich ist. "Ich habe geheiratet und bin im Oktober Vater geworden", erzählt er. "Nachdem die Beziehung in Wien kaputtgegangen ist, bin ich dort in eine neue Wohnung gezogen. Ich habe aber in vier Monaten nur vier Mal dort geschlafen, weil ich auf Tour war. Als ich davon zurückkam, stand ich in dieser Wohnung und dachte: ,Das fühlt sich nicht mehr wie mein Zuhause an. Wenn ich schon neu anfangen muss, dann gleich wo anders.’"

Die Wahl fiel auf Los Angeles, weil SOHNs Frau von dort kommt. Aber auch, weil es für seine Produktionstätigkeit wichtig ist. So hat er schon mit Lana Del Rey und Banks gearbeitet. Und mit Kwabs, von dem er sich den Song "Still Waters" für "Rennen" geborgt hat.

"Geschrieben habe ich den mit Kwabs für dessen Album, als ich noch in Wien war. Weil Kwabs bei Pflegeeltern aufwuchs, dachte ich, ich schreibe aus der Sicht seiner Mutter, wie es für sie ist, ihr Kind in die Welt zu schicken. Die Plattenfirma wollte den Song aber nicht auf Kwabs Album haben, weil er ihnen zu langsam war. Als ich erfuhr, dass ich Vater werde, erinnerte ich mich an ihn. Denn er reflektiert heute genau das, was ich jetzt selbst in Bezug auf mein Kind fühle."

Zukunftsangst

Sonst beschäftig sich SOHN in den Songs von "Rennen" mit Zukunftsängsten in Bezug auf den Klimawandel, den politischen Rechtsruck und die Präsidentschaft von Donald Trump.

"‚Tremors‘ war noch von meinen inneren Ängsten und Neurosen geprägt. Denn lange dachte ich: Bin ich wirklich talentiert, oder mache ich mir etwas vor? Alle anderen um mich herum hatten nämlich viel schneller und sehr jung Erfolg. Ich musste dafür lange hart arbeiten, dachte deshalb, irgendetwas stimmt mit mir nicht. Aber das habe ich jetzt überwunden."


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