Musikerin St. Vincent schrieb Autogramme für Papas Mithäftlinge
2010 musste der Vater von Annie Clark wegen der Beteiligung an einem Börsenbetrug von 43 Millionen Dollar ins Gefängnis. 2011 schrieb die Musikerin, die unter dem Pseudonym St. Vincent auftritt, darüber das Album „Strange Mercy“ und schaffte damit den internationalen Durchbruch.
Jetzt widmet sich die 38-jährige Amerikanerin wieder diesem Thema: 2019 wurde ihr Vater entlassen, und das eben erschienene Album, bei dem Clark in vielen Songs auf ihre Gefühle und Gedanken dazu eingeht, heißt folgerichtig „Daddy’s Home“.
Musikalisch brilliert die Vielinstrumentalistin mit ungeniertem Retro-Sound, der die New Yorker Szene der 70er-Jahre aufleben lässt. Clark selbst hält diesen Sound für „ein bisschen menschlicher“, als die meisterhaft konzipierten, aber in all der Perfektion doch etwas kühl wirkenden Elektronik-Klänge des vorigen Albums.
Auf „Daddy’s Home“ bedient sich Clark bei Elementen aus Soul, Jazz und Blues, mischt die mit Einflüssen von Prince, David Bowie und Pink Floyd und macht sich all das mit Spielfreude und genauso frischen wie eingängigen Melodien so zu eigen, dass das Album durchgehend unterhaltsam und absolut zeitgemäß klingt.
Im Titelsong reminisziert Clark, wie sie bei den Gefängnisbesuchen Autogramme für die Mitgefangenen schrieb, und macht die zwiespältigen Gefühle dieser Situation mit einem funkigen Track spürbar, der durch den Äther stolpert und sich kaum fangen kann. In anderen Liedern macht sich Clark Gedanken darüber, ob der „Outlaw“ auch in ihr steckt, und drückt ihre Beschämung, aber auch die Empörung über die öffentliche Vorverurteilung aus, die sie erfuhr.
Highlights sind „Down And Out Downtown“, das Jazz-Rhythmen und Gospel-Chöre fusioniert, das atemlose „Down“ über Gewalt in einer Beziehung und „... At The Holiday Party“, das unbeschwerte Frühlingsgefühle verbreitet.
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