Vegane Rock- & Schock-Propaganda
Die Anweisung, die Morrissey für alle Auftrittsorte ausgibt heißt: "Kein Fleisch, keine Wurst im Buffet". Dass das Fisch inkludiert, ist für den militanten Vegetarier selbstverständlich. Nicht aber für die Catering-Firma des Wiener Konzerthauses. Die hatte Lachsbrötchen im Angebot, weshalb es Donnerstag vor dem Wien-Konzert Stunk zwischen Künstler und Veranstalter gab.
Aber nur kurz. Am Abend war der Fisch weg und Morrissey - für seine Verhältnisse - gut gelaunt. Klar, ein anfeuernder Performer ist er nicht. Zwischendurch steht er mit vor der Brust gekreuzten Armen vorm Mikro, geht nur nach links und rechts, um die Hände der Fans zu schütteln.
Aber der Mangel an physischer Dynamik stört kein bisschen. Denn der 52-Jährige hat ein dynamisches Song-Programm, das das ganze Spektrum seiner Schaffenskraft zeigt: Der Smiths-Klassiker "I Want The One I Can't Have" zu Beginn ist tanzbarer Gitarren-Pop. Dramatisch wird es bei "Scandinavia". Dazwischen gibt es hymnische Midtempo-Songs wie "You Have Killed Me" und die anrührende Smiths-Ballade "I Know It's Over". Und immer sind die Songs getragen von genauso komplexen wie einnehmenden Melodien, die die nach wie vor großartige Stimme ihres Schöpfers perfekt in Szene setzen.
"Meat Is Murder"
Höhepunkt ist eine packende Version von "Meat Is Murder". Die Leinwand im Hintergrund zeigt verstörende Bilder von Massentierhaltung und blutigen Schlachtungen. Schock-Taktik, um das Anliegen rüberzubringen - ein zulässiges Mittel, für einen, der sich weigert Pop-Musik als hohle Berieselung und seine Hörer als Vollidioten zu sehen.
Fast religiös verehren ihn die Hardcore-Fans deshalb auch im Konzerthaus. Sie haben seine Lebensweise längst angenommen. Und der Rest hat ihm nach dem ansprechenden Konzert sicher auch verziehen, dass er diese mit einem Fleischverbot beim Catering der ganzen Welt aufzwingen will.
KURIER-Wertung: **** von *****
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