9 Erkenntnisse vom ersten "Rock in Vienna"

9 Erkenntnisse vom ersten "Rock in Vienna"
Für die einen gut, für die anderen schlecht: Die Bilanz vom "Rock in Vienna".

Das erste "Rock in Vienna" ist Geschichte. Die Bühnen werden abgebaut, das Gelände aufgeräumt und die Besucher erholen sich von den Strapazen der drei Festivaltage. Zeit für eine Bilanz.

Ein Stadtfestival ist eine gute Sache - für die einen
Das „Rock in Vienna“ war für die meisten Besucher so etwas wie ein Konzertmarathon - ungefähr so, als ob man drei Tage nacheinander in die Arena pilgert. Jeden Tag frisch geduscht, aufgehübscht und gut riechend. Denn daheim gibt es eine ordentliche Dusche, den privaten Thron sowie die heiß geliebte Kaffeemaschine. Und das eigene Bett. Das gesamte Paket sorgte für weniger Stinker in den engen Reihen vor der Bühne und tat der Laune gut.

Ebenfalls war die Anfahrt zum Gelände bedeutend unkomplizierter, schneller und staufrei - aufs Auto musste man eh verzichten, es gab keine Parkplätze. Beispielsweise dauerte es von der Wohnungstür in Hernals bis vor die Bühne am zweiten und dritten Tag keine Stunde - absoluter Rekord für ein Rockfestival.

Ein Stadtfestival ist eine schlechte Sache - für die anderen

9 Erkenntnisse vom ersten "Rock in Vienna"
Besucher - Rock in Vienna - RIV 2015 - Florian Wieser -
Lauschte man so manchem Besucher, fehlte einigen das gewisse Festivalflair. Zwar konnte, wer wollte, auch auf der Donauinsel das Zelt aufschlagen, palettenweise Bier anschleppen und drei Tage der Zivilisation den Rücken kehren. Aber das taten die Wenigsten. Kaltes Bier schmeckte dann doch besser als warmes. Und das eigene Bett, und… Sie verstehen schon.

Vielen fehlte trotzdem die Pre- und Afterparty auf dem Campingplatz. Das gemeinsame Dosen-Frühstück in fester wie flüssiger Form, die netten Bekanntschaften mit den Zeltnachbarn. Natürlich fehlte auch der typische Festival-Campingplatz-Geruch. Das allerdings kann kein Schaden sein.

Die Anrainer hatten erwartungsgemäß ebenfalls keine große Freude mit dem Festival. Darum war um 23 Uhr auch schon Schluss mit der Musik, selbst auf dem Campingplatz sollen die Ordner ständig für Ruhe gesorgt haben.

Familienausflug 2.0

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a day to remember - Rock in Vienna - RIV 2015 - Florian Wieser -
Anders als bei den meisten großen Festivals, war das Publikum auf der Donauinsel durchmischter. Es feierten ältere Semester mit den Jugendlichen, teilweise war gleich die ganze Familie auf der Donauinsel. Mütter liehen sich von den Töchtern die Bandshirts aus und ließen sich auch gleich noch mit dem Kajal die Augenlider einfärben.

Wollen Teenager bei Festivals normalerweise unter ihresgleichen vegitieren und lassen sich von den Eltern maximal zum Gelände chauffieren (damit die Bierpaletten nicht so weit geschleppt werden müssen), lauschten viele beim „Rock in Vienna“ Seite an Seite. Familienausflug 2.0 quasi.

Musikalischer Einheitsbrei

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KISS - Rock in Vienna - RIV 2015 - Florian Wieser -
Mut beim Festival-Booking ist leider selten geworden. So sah man auch beim „Rock in Vienna“ den üblichen Einheitsbrei. Metallica und Kiss könnten auch beim "Nova Rock" Headliner sein und waren es schon, für Muse gilt gleiches beim Frequency. Natürlich muss ein Veranstalter Bands auf die Bühne stellen, die die Menschen anlocken. Aber ein neues Festival, besonders in eine Millionenstadt, könnte neues versuchen.

Das beweist seit 2001 das „Primavera“-Festival in Barcelona. Dort spielte in diesem Jahr weder Metallica oder Muse noch Kiss. Die Spanier verzichten auf die ganz großen Bands, sparen sich damit die großen Gagen und sorgen für mehr Abwechslung auf den Bühnen. Ausverkauft ist es trotzdem fast jedes Jahr.

Wien ist aber nicht Barcelona , „Rock in Vienna“ nicht das „Primavera“, deshalb werden die Headliner wahrscheinlich auch 2016 aus dem begrenzten Pool der üblichen Bands bestehen. Mein persönlicher Tipp: Einer davon sind die Toten Hosen.

Preise

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Testament - Rock in Vienna - RIV 2015 - Florian Wieser -
Geschluckt haben viele, als sie die Preise für den regulären 3-Tages-Pass sahen: 199,90 Euro - über 50 Euro mehr als für das „Nova Rock“.
Nochmal geschluckt - bzw. in Summe weniger geschluckt - haben die Besucher bei den Getränkepreisen. 5 Euro für ein Soda, 5 Euro für ein Bier und 9 Euro für einen großen Spritzer. Dass es gratis Wasserspender gab, tröstete nur wenige.

Vielleicht sollte eine Ticketpreisbremse und eine Bierpreisbremse eingeführt werden, bevor ein Festival eine elitäre Angelegenheit für die Besserverdiener wird.

Vereinigte Bühnen

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ABD0106_20150605 - WIEN - ÖSTERREICH: Eine Übersicht von einem Bungee-Jumping-Kran im Rahmen des "Rock in Vienna" Festivals am Freitag, 05. Juni 2015 auf der Donauinsel in Wien. Das Festival findet vom Donnerstag, 04. Juni bis Samstag 06. Juni 2015 in Wien statt. - FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET
Ein Novum in der österreichischen Festivallandschaft war auch die vereinigten Bühnen. Mind- und Soulstage standen direkt nebeneinander. Ein Konzert jagte das nächste, umgebaut wurde während den Gigs. Das kann man gut finden, muss man aber nicht. Natürlich verpasste man dadurch keine Band, aber es spielten auch bedeutend weniger. Während beispielsweise das „Nova Rock“ circa 70 Gruppen geladen hat, waren es in Wien 32.

Ebenfalls litt die Tonqualität. Zwar gab es auf der Donauinsel am Vormittag Soundchecks, dennoch hatten die Tontechniker offensichtlich ihre Mühe, die jeweilige Einstellung wiederzufinden. Besonders der Gesang ging bei den ersten paar Nummern oft unter.

Gelände

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Besucher - Rock in Vienna - RIV 2015 - Florian Wieser -
Die Donauinsel ist nahezu perfekt für ein Festival. Gut zu erreichen, bietet sie genügend Platz und bei der Hitze dank der Donau angenehme Abkühlung.

Es stellt sich die Frage, warum sich vorher noch niemand getraut hat? Skalar (Veranstalter von u.a. „Nova Rock“ und „Frequency“, Anm.), ich blicke vor allem in eure Richtung.

Sudern
Gesudert wird immer. Besonders in Wien. Das mache nicht nur ich. Die meisten Beschwerden gab es nach dem ersten Tag bzw. nach Metallica. Bis nach Schönbrunn habe man den „Lärm“ gehört, nicht schlafen habe man können so laut sei es gewesen. Ob dem tatsächlich so war, lässt sich an dieser Stelle nicht mehr nachprüfen.

Natürlich kann man es nie allen Recht machen, es wird sich immer jemand aufregen. Allerdings war beim „Rock in Vienna“ bereits um 23 Uhr Schluss (von Metallica abgesehen, die 20 Minuten überzogen), da sollte im Sinne der Allgemeinheit ein Auge bzw. ein Ohr zugedrückt werden.

Zukunft

9 Erkenntnisse vom ersten "Rock in Vienna"
Besucher - Rock in Vienna - RIV 2015 - Florian Wieser -
Alles in allem war es eine gelungene Premiere vom „Rock in Vienna“-Festival. Abgesehen von ein paar kleinen Problemen wie die Überlastung der Eingänge am ersten Tag oder einem einstündigem Bier-Versorgungs-Ausfall war die Organisation und Abwicklung okay, die sanitären Einrichtungen sogar sehr okay.
Nächstes Jahr sollten auch die kleineren Problemchen gelöst sein.

Ob sich langfristig sowohl „Rock in Vienna“ als auch „Nova Rock“ halten werden können, wird sich frühestens 2016 zeigen. In diesem Jahr hatten viele die Nova-Tickets bereits, als das neue Wiener Festival erst verkündet wurde. Ob es ein Gerangel um die großen Bands geben wird, hängt auch von der Zukunft der neuen deutschen Festivals „Rock im Revier“ und „Rockavaria“ ab. Da diese wie das „Rock in Vienna“ ebenfalls von der DEAG organisiert werden, quasi Schwesternfestivals sind, können diese die Bands vorteilhaft im Paket buchen.

Aber bevor es soweit ist, startet am Freitag das „Nova Rock“ in Nickelsdorf. Natürlich ist auch dort der KURIER für Sie vor Ort.

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