Mit Johannes Brahms und einem Regenmacher am Meer

Mit Johannes Brahms und einem Regenmacher am Meer
Sir Simon Rattle begeisterte mit den Berliner Philharmonikern im Musikverein.

Mehrere Deutungen zulassend und doch unmissverständlich: Mitten im Applaus nach der Dritten Symphonie von Johannes Brahms legte Sir Simon Rattle kurz die Hand auf sein Herz. Dankbarkeit, Ergriffenheit, Freude, Rührung. Die vorangegangene Interpretation war schließlich großartig gelungen.

Im ausverkauften Wiener Musikverein begeisterten die Berliner Philharmoniker bei ihrem Gastspiel mit dunkler Klangfülle und geschlossener Intensität. Durchdrungen von emotionaler Spannung erfüllte das in F-Dur stehende Werk jenen Goldenen Saal, in dem es 1883 erstmals dem Publikum vorgestellt wurde. Ungemein plastisch gestalteten die Musiker unter Rattles Ägide die vier Sätze (immer wieder herrlich: der wehmütige dritte Satz), organisch eingewoben die jeweiligen Soli. Hinreißend agierten Klarinettist Wenzel Fuchs, Oboist Albrecht Mayer und Hornist Stefan Dohr.

Nach der Pause erlebte "dark dreams" von Georg Friedrich Haas seine Österreichische Erstaufführung, entstanden im Herbst des Vorjahres im Auftrag der Berliner Gäste und der Carnegie Hall New York. In der gut zwanzigminütigen Komposition spielt der Grazer Komponist vorrangig mit Mikrointervallen. Das Orchester produziert eindringliche Klänge (wann sieht und hört man schon einen Regenmacher im Musikverein), die pendeln und zunehmend gemütsbeunruhigend wirken. Mit dem Einsetzen von Claude Debussys schimmerndem Wellenspiel von "La Mer" waren die düster dunklen Traumwelten unverzüglich weggewischt und gaben die Sicht frei auf ein durch die Berliner Philharmoniker in allen Facetten prachtvoll zum Schillern gebrachtes Meer. Kein Licht ohne Schatten – so gesehen eine kluge Programmierung.

KURIER-Wertung:

Von Marion Eigl

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