"Positive Überraschung"
Und dann der große Moment in Bodø. „Natürlich war mir bewusst, dass alle anderen Musiker und die Musikerin individuell hohe Qualitäten hatten, deswegen war es für mich eine positive Überraschung“, sagt Baumgartner. Ins Rennen ging er mit Henri Vieuxtemps' Violinkonzert Nr. 5 in a-Moll, für ihn „ein großartiges Stück, weil es einerseits sehr viele schöne Cantabile- Stellen gibt, wo man sich wirklich ausdrücken kann und weil es auf der anderen Seite auch technisch herausfordernd und virtuos ist. “
Er sei aber bereits vor der Bekanntgabe "sehr glücklich“ gewesen, „dass ich meinen Auftritt schön absolvieren konnte, unabhängig vom Ergebnis.“
Begonnen mit dem Geigenspiel habe "Leo" - wie er genannt wird - mit drei Jahren, erzählt er. „Es ist mir wichtig, zu sagen, dass ich eine musikalische Familie habe.“ Seine Mutter ist Pianistin und korrepetiert an der mdw, der Vater hat Bratsche studiert. Die drei jüngeren Geschwister musizieren auch. Seine erste musikalische Erinnerung? „Ich erinnere mich an Momente, wo meine Eltern zuhause musiziert haben und ich daran teilhaben wollte. Im Nachhinein finde ich es sehr schön und richtig, dass ich das schon früh lernen durfte.“
Früh standen auch Opernbesuche auf dem Programm, Leo war so fasziniert, dass er ab dem Alter von zehn Jahren alleine mit Kinderkarte in die Oper ging, bis zum Lockdown 2020.
Das mit dem fleißigen Üben sei erst im Volksschulalter gekommen – und damit der Wunsch, Musiker zu werden. Vor allem die Mutter habe ihn hierbei sehr bestärkt, dafür sei er dankbar, „weil man vielleicht manchmal als Kind gar nicht so gerne üben möchte.“
Vivaldi mit neun
Mit neun Jahren spielte er Vivaldi mit Orchester in Perchtoldsdorf, mit 12 kam er zu Regina Brandstätter an die Kunstuniversität Graz, das sei bedeutsam für seinen weiteren Weg gewesen, er verdanke ihr Vieles, etwa "technische und musikalische Flexibilität“ , mit 15 Jahren folgte das Debüt im Wiener Konzerthaus als Solist mit den Wiener Symphonikern.
Seither hat Baumgartner zahlreiche Auftritte absolviert und renommierte internationale Preise gewonnen, darunter u.a. bei der Zhuhai International Mozart Competition und der Ilona Fehér Competition in Budapest, den Carl Flesch-Preis, sowie auch den Discovery Award der International Classical Music Awards. Weiterhin geht er aber ins Wiener Musikgymnasium und ist glücklich über die Genehmigung, auf Konzertreisen etc. zu gehen.
Besonderes Instrument
Stets dabei ist seine wertvolle Geige, gebaut von J.B. Vuillaume, Paris 1854, „eine großzügige Leihgabe der Stretton Society“, wie er sagt, und die bei Flügen „natürlich immer im Handgepäck“ reise. „Ich hab die Geige immer dabei, auch im Urlaub.Für mich ist es einfach wichtig, in Schwung zu bleiben und viel zu üben.“
Konzerte zu spielen, sei für ihn schon lange keine außergewöhnliche Situation mehr, weil es immer Teil der Ausbildung war. Dennoch findet er: „Ja, es ist notwendig, etwas nervös zu sein, weil es ja auch ein Zeichen dafür ist, dass man sich darum kümmert und darum bemüht, seine Aufgaben gut zu bewältigen. Aber ich sage immer positive Aufgeregtheit dazu.“ Jetzt, in Norwegen, sei er „natürlich vielleicht etwas mehr aufgeregt gewesen, weil ich wusste, dass es um sehr viel geht. Aber ich denke, dass es eine gute Idee ist, sich nicht zu sehr darauf zu fokussieren, worum es gehen könnte, sondern vor allem, sich in diesem Moment einfach der Musik zu widmen. Das ist mein Rezept gegen Nervosität und für positive Aufregung.“
Und welche Gedanken Haber er nun, nach dem „Eurovision Young Musicians“?
Leonhard Baumgartner sagt: „Ich bin natürlich auch überwältigt, wenn ich sehe, dass bereits große Musiker wie Julian Rachlin nach dem Gewinn dieses Wettbewerbs so erfolgreiche Karrieren hatten. Ich versuche einfach, das als Verantwortung zu sehen. Ich würde mich sehr freuen, mein musikalisches Schaffen weiterhin mit möglichst vielen Menschen durch Konzerte teilen zu dürfen.“
Religion
In seiner Dankesrede in Bodø erinnerte der strahlende Gewinner - der sechste mit Ausbildung in Österreich - auch daran, „dass man das alles nicht selbstverständlich nehmen" sollte. Die Musik sei „ein Geschenk Gottes“. Das zu sagen, sei ihm, der aus einer religiösen Familie stamme, sehr wichtig gewesen, „immer und gerade jetzt, in diesen schwierigen Zeiten.“
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