"Gröblich missbraucht": Musikuniversität entließ Cellisten

NEUJAHRSKONZERT 2017
Die Wiener Musikuniversität feuerte einen Professor. Dem Cellisten, ein Wiener Philharmoniker, wird Missbrauch vorgeworfen.

Einem Cellisten der Wiener Philharmoniker – der Name ist dem KURIER bekannt – wird vorgeworfen, seine Macht als Professor an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst in sexueller Hinsicht missbraucht zu haben. Auf Anfrage des KURIER bestätigte die mdw am Montag, sich am 18. April  „mit sofortiger Wirkung von einem Professor, einem Mitglied der Wiener Philharmoniker“, getrennt zu haben.

In einer weiteren Stellungnahme führt mdw-Anwalt Christoph Wolf aus: „In den letzten Tagen haben sich verschiedene Personen vertrauensvoll an die Rektorin der mdw gewandt und von mehreren, voneinander unabhängigen Fällen berichtet, in denen ein Professor der mdw seine Autorität aufgrund seiner Position gröblich missbraucht hat. Diese Informationen haben eine fristlose Entlassung des Professors alternativlos und zwingend erforderlich gemacht.“   Rektorin Ulrike Sych begründete ihre Entscheidung dahingehend, dass die Musikuni eine Haltung vertrete, „die in Bezug auf die Wahrung der Würde und der Rechte von Menschen nicht verhandelbar ist“.

Aufgrund der Ereignisse hat die Staatsoper den Musiker – die Wiener Philharmoniker bilden das Rückgrat des Staatsopernorchesters – sofort dienstfrei gestellt. Dies berichtete zunächst der britische Publizist Norman Lebrecht auf seinem Blog Slipped Disc.  Die Staatsoper bestätigte: „Bis zur Klärung des Sachverhalts hat die Geschäftsführung  den Musiker im Einvernehmen und bis auf Weiteres vom Dienst freigestellt. Die Wiener Philharmoniker teilen diesen Schritt.“
Der Cellist spielt nebenbei in einem Quartett. Der Philharmoniker-Verein ergriff zwar (noch) keine Maßnahmen; man versicherte aber, dass der Musiker keine Auftritte absolvieren werde, so lange die Untersuchung  dauert. Das Angebot des KURIER, Stellung zu beziehen, lehnte der Musiker ab.

Die Sopranistin  Anna Netrebko stellte sexuelle Übergriffe in der Klassikwelt erst kürzlich in Abrede: „Wir haben diesen Sex-Bullshit nicht. Es tut mir leid, und ich denke, das ist totaler Blödsinn.“ Möglicherweise  berücksichtigte sie homosexuelle Machtverhältnisse nicht. Dem Dirigenten James Levine, 40 Jahre lang Musikdirektor der Met, wird vorgeworfen, ab 1985 einen damals 15-Jährigen sexuell missbraucht zu haben. Die Übergriffe hätten bis 1993 angedauert und den heute 48-Jährigen fast in den Suizid getrieben.

 

 

Kommentare