Poetische Welt eines Einzelgängers

Die Ausstellung "Miró. Von der Erde zum Himmel" läuft bis zum 11. 1. 2015 in der Albertina Wien
Retrospektive "Miró. Von der Erde zum Himmel" – große Übersichtsausstellung würdigt den Katalanen.

Alles, was Spanien ausmacht, steckt im Bild "Der Bauernhof" am Anfang der Schau "Miró. Von der Erde zum Himmel" (bis 11. 1.) – der dritten großen Surrealismus-Personale der Albertina nach Magritte (2011) und Max Ernst (2013).

Zuerst im Besitz von Ernest Hemingway und heute in der National Gallery of Art in Washington, signalisiert es: Der Katalane war erdverbunden, ehe er seine Fantasie gen Himmel fliegen ließ.

Dass sich im Werk von Joan Miró (1893–1983) Himmel und Erde kongenial verbinden, ist fast schon eine Binse. Die Inspiration zu den für ihn charakteristischen poetischen, oft grotesken Zeichen kam u. a. von Paul Klee. Von ihm hat Miró gelernt, "dass ein Fleck, eine Spirale und selbst ein Punkt ebenso Themen für die Malerei sind wie ein Gesicht, eine Landschaft, ein Denkmal".

Impressionen der Ausstellung

Poetische Welt eines Einzelgängers

Albertina Miro…
Poetische Welt eines Einzelgängers

Albertina Miro…
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Albertina Miro…
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Albertina Miro…
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Women and Bird in the Moonlight 1949 by Joan Mirv=
Poetische Welt eines Einzelgängers

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Albertina Miro…
Poetische Welt eines Einzelgängers

Albertina Miro…

Millionenfach kopiert

Neben dem gängigen und zweifellos verzerrten Bild des unbeschwert heiteren Miró – millionenfach auf T-Shirts und Ansichtskarten kopiert – finden sich unter den rund 100 Werken der chronologisch angeordneten Ausstellung auch düstere aus den 1930er-Jahren: Als er Monster zeichnete, Vorboten der dunklen Zeit des Bürgerkriegs und der Franco-Diktatur, der Spanien wie ein schwarzer Regen traf.

Was oft vergessen wird: Miró war nicht nur ein großer Erneuerer der Kunst des 20. Jahrhunderts, sondern auch "politisch wichtig", sagt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, "Er ist auch eine Symbolfigur für die Einheit Spaniens." Er habe sich zwar stets als internationaler Katalane verstanden, aber auch fünf Mal den spanischen König privat bei sich empfangen.

"Ich konnte schon früh zeichnen wie Raffael, aber ich musste 80 Jahre alt werden, um zeichnen zu können wie ein Kind", sagte Picasso.

"Miró konnte das immer schon", sagt Schröder. Wobei seine von Leichtigkeit, Poesie und Freiheit geprägte Malerei in Wahrheit das Ergebnis eines sehr überlegten Arbeitsprozesses war. Trotz der seiner heiteren Distanz zu intellektuellen Konzepten und trotz seiner Neigung zum spontanen Männchenmalen sei er "unabänderlich erwachsen", versicherte Miró.

Dinge ohne Bedeutung

Monde, Sonnen, Sterne und Kometen, Augen und Insekten, Vögel und Frauen bevölkern seine Bilder. Magisch und universell ist Mirós Bildsprache mit von ihm erfundenen Symbolen und Motiven. "Ihr verdankt er seine große Popularität", so Schröder, "und zugleich verstehen wir kaum die Zeichen seines Kosmos und unsere Welt des Kindseins."

Mit einem Vokabular von Nasen und Augen, Sternen und Spiralen, Mündern und Genitalien erschuf er eine Privatmythologie, die vielfach deutbar ist.

Ihm gefielen vor allem einfache Dinge. Er konnte viel Zeit damit verbringen, Fliegen oder Libellen zuzusehen, oder den Flug von Schwalben zu betrachten:

"Es machte mir Spaß, Spatzen beim Fressen zuzusehen. Ich hatte Freude daran, die Form von Steinen zu ergründen. Was mich wirklich erfüllte, war, mir Dinge ohne eigentliche Bedeutung zu verinnerlichen."

Bilder mit Musik

Miró bestand auf der Freiheit der Fantasie. Für ihn musste ein "Gemälde wie ein Funken sein". Es musste "blenden wie die Schönheit einer Frau oder eines Gedichts". Für ihn war Form nie etwas Abstraktes, sondern stets ein Zeichen von etwas: "Es ist immer ein Mensch, ein Vogel oder sonst etwas. Für mich ist Form niemals Selbstzweck", sagte Miró.

"Er ist nahe am Surrealismus, aber doch sehr eigenständig", erklärt der langjährige Miró-Vertraute und Co-Kurator Jean-Louis Prat. "Seine Bilder haben Rhythmus und Musik, Emotion und Kraft."

Mirós Anspruch, seine Arbeiten idealerweise in "White Cubes" zu zeigen, als würden sie im Raum schweben, hat die Albertina erfüllt – durch einen weißen Bodenbelag zu weiß getünchten Wänden und Decken.

"Ich möchte mit einem Minimum an Mitteln größtmögliche Intensität erreichen. Deswegen mache ich meine Bilder immer kahler und leerer", sagte Miró, der zwischen den Welten lebte, als Stadtmensch mit der Liebe zum Landleben, als Pendler zwischen Paris, Barcelona und Mont-Roig – bis er sich schließlich in die Einsamkeit auf Mallorca zurückzog.

Um sich seiner bunt-naiven Zeichenwelt adäquat zu nähern, übe man sich am besten in der Kunst des kindlichen Staunens ...

INFO: Bis 11. 1. 2015 in der Albertina, 1., Albertinaplatz 1; täglich 10–18 Uhr, Mittwoch 10–21 Uhr. Katalog: 29 Euro; www.albertina.at

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