Michael Köhlmeier: "Das Lied von den Riesen"
Michael Köhlmeier nimmt Frau Hitt in Schutz. Es heißt ja, die Riesin aus den Bergen um Innsbruck sei geizig und selbstverliebt gewesen und habe – in einer Version der Sage – ihren kleinen Sohn mit einem Stück Brot gesäubert. Das missfiel Gott, weshalb er Frau Hitt in einen Gipfel im Karwendel verwandelte.
Schlechter Tausch
Köhlmeier gibt zu bedenken: Sie wusste nicht, was Brot ist. Sie ernährte sich von den Riesenfrüchten der Berge, und ein Mann aus dem Tal tauschte welche gegen Brot ein. Ein guter Tausch – für ihn. Denn die Früchte verwandelten sich, unter die Menschen geraten, in Edelsteine. Aber das Brot? Was macht eine Riesenkönigin mit einem unbekannten braunen Klumpen, der immerhin weich ist? Na eben.
Von Frau Hitt ausgehend, singt der Vorarlberger Schriftsteller "Das Lied von den Riesen". Er reimt, aabb, und zieht mit Hitts Sohn zu Homers Polyphem, auch zu Hulk, King Kong, Schemchasai (der sich die Haut aus dem Leib schnitt und daraus Flügel baute ... Margit Schreiner, deren neuer Roman "Das menschliche Gleichgewicht" vergangenen Samstag im KURIER vorgestellt wurde, hat schon recht: Jeder "Tatort" ist Erholung im Vergleich zu Märchen), und auch der Golem spielt mit:
"Es ist der Golem. Die Augen geschlitzt,
der Mund ein A, in den Lehm geritzt,
die Finger geschwollen, gequollen das Kinn,
das hässlichste Etwas seit Anbeginn."
Der 65-jährige Köhlmeier erzählt von Riesen, als würde er’s dem zehnjährigen Köhlmeier erzählen.
So wollte er es.
Erstmals illustriert Sohn Lorenz Helfer ein Buch von ihm. Der Hohenemser ist längst als Künstler anerkannt. Ohne seine Zeichnungen würde Entscheidendes fehlen.
Michael Köhlmeier: „Das Lied von den Riesen“. Illustriert von Lorenz Helfer. Haymon Verlag. 184 Seiten. 17,90 Euro.
KURIER-Wertung:
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