Zu Guttenbergs Comeback: "Viel versemmelt", aber kameratauglich

„Der Fall Putin“: Zu Guttenberg  in staatsmännischem Ambiente
Die gefallene deutsche Politikhoffnung, Karl Theodor zu Guttenberg, kehrt prominent auf die Medienbühne zurück. In einem Doku-Format und im großen RTL-Jahresrückblick am 11. Dezember (20.15 Uhr)

„Mein Name ist Karl Theodor zu Guttenberg. Ich war einmal der beliebteste Politiker Deutschlands. Erst Wirtschafts-, dann Verteidigungsminister. Das ist lange her.“ – so stellt sich der Neo-TV-Journalist zu Beginn der Dokureihe „Auf den Spuren der Macht“ dem TV-Publikum vor.

Die Zeit, von der zu Guttenberg spricht, erstreckte sich von 2009 bis 2011. Dann stolperte der CSU-Mann über die Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit und zog sich aus der Politik zurück. „KTG“, der am 5. Dezember 51 Jahre alt wird, weiter: „Ich habe damals Fehler gemacht und dafür bezahlt. Völlig zurecht. Heute habe ich mit Politik nichts mehr zu tun. Aber ich habe erfahren, wie Macht funktioniert und wie Macht die Menschen verführt.“

In seiner ersten von zwei neunzigminütigen Hochglanz-Dokus für RTL+ beschäftigt sich zu Guttenberg mit dem „Fall Putin“. Er zeichnet den Aufstieg des KGB-Mannes aus St. Petersburg zum Hoffnungsträger und letztlich brutalen Kremlchef nach.

Zu Guttenbergs Comeback: "Viel versemmelt", aber kameratauglich

Zu Guttenberg reiste unter anderem in die durch Putins Angriffskrieg in der Ukraine völlig zerstörte Stadt Butscha. Er trifft Opfer, Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und dessen Bruder Wladimir. In Gesprächen mit früheren Spitzenpolitikern stellt zu Guttenberg zudem die Frage, wie Putin, der einst vor dem Deutschen Bundestag den Friedensengel gab, den Westen immer stärker von Russlands Gas abhängig machen konnte. Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel sagt, „ein direktes Beschäftigungsverhältnis mit einer ausländischen Macht“ stehe einem Ex-Regierungsmitglied „eher nicht“ zu. Gemeint ist Parteikollege Gerhard Schröder, der kurz nach seiner Zeit als Bundeskanzler bei Gazprom anheuerte.

Die Doku zeichnet auch nach, wie Putin mit Gegnern verfährt. Marina Litwinenko spricht über den Vergiftungstod ihres Ehemanns Alexander Walterowitsch Litwinenko. Zu Guttenberg trifft Putin-Kritiker wie Schach-Weltmeister Garri Kasparow, Ex-Oligarch Michail Chodorkowski und Aktivistinnen der Punkrock-Band Pussy Riot.

Zu Guttenbergs Comeback: "Viel versemmelt", aber kameratauglich

Im Gespräch mit Pussy Riot

Keine Polit-Rückkehr

Über seinen eigenen Erfahrungsschatz mit Putin sagt der Ex-Politiker: Die persönliche Beziehung sei „unterkühlt“ gewesen. Unter seinen Gesprächspartnern fällt eine weitere gefallene Politikerhoffnung auf: Es ist Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sagt, er sei „fest davon überzeugt, dass, wenn die Welt wirtschaftlich verbunden ist, ... das mehr Stabilität, Sicherheit und Miteinander schafft“. Kurz wird daraufhin bei einem früheren Handshake mit Putin gezeigt.

Die Doku ist beim Streamingdienst RTL+ abrufbar. Kommenden Sonntag wird zu Guttenberg dann beim linearen Hauptsender zu sehen sein. Er moderiert gemeinsam mit Thomas Gottschalk den RTL-Jahresrückblick „Menschen, Bilder, Emotionen“, als Nachfolger von Günther Jauch. Als Gäste sind unter anderem FDP-Finanzminister Christian Lindner, Popstar Sarah Connor, Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht und das ukrainische Mädchen Amelia (sang "Frozen" im Bunker) angekündigt.

Zu Guttenbergs Comeback: "Viel versemmelt", aber kameratauglich

„Ich mag viel versemmelt haben, aber der öffentliche Auftritt war meistens irgendwie gelungen“, sagte zu Guttenberg dazu im Stern. „Das könnte dazu beigetragen haben, dass man denkt: Den kann man auch vor die Kamera stellen.“ Die große Inszenierung als Vorbereitung der Polit-Rückkehr suche er nicht: „Was Eitelkeit angeht, habe ich eine sehr ungesunde Überdosis schon gehabt. Das braucht man nicht noch mal.“

Aufmerksamkeit sei heute „nur noch ein Balanceakt zwischen Shitstorm, Häme und Cancel Culture“. Die Politik sei eine Mischung daraus, „angereichert durch herrliche Schweinereien und Ränkespiele“, sagt er. „Wie behämmert muss man sein, sich das noch einmal zu wünschen?“

Kommentare