Trotz Zensurdrucks: ORF bleibt weiter in Moskau tätig

ORF-Korrespondent Paul Krisai in Moskau.
Verschärfte Zensurbestimmungen bedrohen die freie Berichterstattung. Diplomatische Auseinandersetzung Österreich/Russland

Zahlreiche internationale Medien setzen die Berichterstattung aus Moskau aus. Damit reagieren sie auf das neue russische Mediengesetz, mit dem auf die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russischen Streitkräfte im Ukraine-Krieg hohen Geldstrafen und bis zu 15 Jahre Haft drohen. ARD und ZDF setzen ihre Berichterstattung aus. Der ORF bleibt weiterhin mit zwei Leuten in der russischen Hauptstadt, wie er am Sonntag mitteilte: „Der ORF wird die Berichterstattung aus Moskau unter den gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen bestmöglich weiterführen", so der ORF auf KURIER-Anfrage. "Paul Krisai und Carola Schneider bleiben bis auf weiteres im Korrespondentenbüro in Moskau." Die Sicherheit der ORF-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und ihrer Teams habe jedoch oberste Priorität: "Die Lage wird laufend neu bewertet.“

Angespannt

Die Lage zwischen Österreich und Russland ist nun auch offiziell angespannt: Am Samstag hattedas russische Außenministerium in einer vor dem Ukraine-Krieg nur schwer vorstellbaren Schärfe Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) kritisiert. Österreichische Amtsträger hätten in den vergangenen Tagen "einseitige und empörende Aussagen" zur Situation in der Ukraine getätigt, hieß in einer in sozialen Netzwerken verbreiteten Erklärung. Auch die österreichische Neutralität wurde infrage gestellt.

Zahlreiche Sender berichten nicht mehr

Als Reaktion auf das neue russische Mediengesetz haben mehrere andere internationale Sender und Agenturen ihre Arbeit in Russland ganz oder teilweise beendet, darunter der US-Sender CNN, die britische BBC, der kanadische Sender CBC, die Nachrichtenagentur Bloomberg, Italiens öffentlich-rechtliche TV-Anstalt RAI oder die staatliche spanische Nachrichtenagentur EFE sowie die renommierte Zeitung El País aus Spanien. Auch die deutschen Sender ARD und ZDF teilten am Samstag mit, sie würden die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios erst einmal aussetzen. Man werde von anderen Standorten aus weiter umfassend über das Geschehen informieren.

US-Kritik an Russland

Auch der vom US-Kongress finanzierte US-Radiosender Radio Free Europe teilte Samstagabend (Ortszeit) mit, dass die Berichterstattung ausgesetzt wird. Die amerikanische Regierung hat das neue Gesetz verurteilt. Das deutsche Auswärtige Amt warnte auch vor privaten Äußerungen in sozialen Medien. „Wir verurteilen die Entscheidung des russischen Föderationsrates, ein Gesetz zu verabschieden, das Journalisten Gefängnisstrafen von bis zu 15 Jahren androht“, teilte Emily Horne, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, mit.

"Spezialoperation" statt "Krieg"

Bereits seit vergangener Woche ist es Medien in Russland verboten, in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine Begriffe wie "Angriff", "Invasion" und "Kriegserklärung" zu verwenden. Moskau bezeichnet den Krieg als militärische "Spezialoperation".

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