Es war ein tiefschürfendes Ereignis in der US-Geschichte. Am 6. Jänner 2021 stürmten zwischen 800 und 1.200 Aufrührer nach einer aufstachelnden Rede von Noch-Präsident Donald Trump das Kapitol, um den Senat und das Repräsentantenhaus an der Bestätigung des Sieges von Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 zu hindern. Fünf Menschen kamen ums Leben, zahlreiche Personen wurden verletzt.
Was hat diese Menschen dazu animiert, das Herz der amerikanischen Demokratie zu stürmen? Und wie haben sie sich seitdem verändert? Diese Fragen stellt Alexandra Pelosi in ihrer für HBO produzierten, nun auf Sky auf Deutsch verfügbaren Doku „The Insurrectionist Next Door“. Ihre Mutter ist die demokratische Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi. Ihr Büro wurde an dem Tag vom Mob gestürmt (während sie im Sitzungssaal saß) und es gab wüste Drohungen in Richtung der Sprecherin des Repräsentantenhauses.
Nun sprach ihre Tochter, die 53-jährige Filmemacherin, mit mehreren jener Personen, die ins Gebäude eindrangen und daraufhin angeklagt wurden. „Wir müssen versuchen, einander zu verstehen“, sagt Pelosi im Gespräch mit Johnny Harris, obwohl dieser anhand von Videomaterial gerade belegen will, dass der 6. Jänner in Wahrheit das Werk von Antifa-Aktivisten war. Andere Befragte sprechen von „Massenhysterie“ und „Herdentrieb“, einer sagt auf die Frage, ob er es wieder tun würde: „Ich würde wohl nicht rein gehen.“
Meinung unverändert
Die meisten machen aber kein Hehl daraus, dass sie Trump noch immer unterstützen, dass sich ihre politische Meinung nicht geändert habe. Auch jener Musiker, der „Proud Boy“ auf seine Stirn tätowiert hat und bei den einstigen Demos „Fuck Biden“ gerappt hatte.
Pelosi drehte schon mehrere Filme, in denen sie versucht, Brücken zu bauen, in dem sie Menschen porträtiert, deren politische Meinung sie nicht teilt – etwa als sie im Jahr 2000 den späteren republikanischen Präsidenten George W. Bush auf Wahlkampftour begleitete („Journeys with George“).
Mit unbändigem Respekt versucht sie hier, den Aufständischen zu begegnen, dennoch erscheint es irritierend, was viele weiterhin von sich geben – obwohl sie Haftstrafen ausgefasst haben. Einer beschreibt seine Teilnahme als zufällig und rechtfertigt sie mit den Worten: „Ich bin nicht der Hellste“.
Ronnie Sandlin, der wegen seiner Taten vom 6. Jänner im Gefängnis sitzt, ist einer der wenigen, dessen Einstellung sich geändert zu haben scheint. Er meint: „Viele sehr vernünftige Menschen verloren für ein paar Stunden ihren Verstand.“
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