Abschied beim "Tatort" Münster: Staatsanwältin Klemm "zu alt für den Scheiß"
Mechthild Großmann verabschiedet sich als ruppige Staatsanwältin aus dem "Tatort"-Münster
Eine Mordszene aus dem Jahr 1882, Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) auf dem Fahrrad und, vor allem, die sonst eher ruppige Staatsanwältin Wilhelmine Klemm mit völlig ungekannten, sanften Seiten: Der neue Münster-„Tatort“-Fall "Die Erfindung des Rades" ist (Sonntag, 20.15 Uhr, ORF 2) hat einiges an Überraschungen - und einen Abschied - zu bieten.
Die beliebte Staatsanwältin Klemm wirkt in diesem "Tatort" wie ausgewechselt. "Man hat Frau Klemm privat in all den Jahren so gut wie nie erlebt", gibt Schauspielerin Mechthild Großmann im dpa-Gespräch zu bedenken. "Man hat sie im Grunde immer nur in so was wie einer Uniform gesehen - im Kostüm, Anzug, kleine Handtasche, Aktendings."
Eine Figur, der "man alles zutraut"
Nur am Rande erfuhr das TV-Publikum von Klemms privater Vergangenheit. Großmann (76) erinnert an die Andeutungen über eine Abtreibung oder das Leben in einem besetzten Haus: "Und das sind Geschichten, die nicht besonders staatsanwältlich sind. Sie ist so jemand, dem man alles zutraut."
Die Künstlerin, die auch als Theaterschauspielerin und Synchronsprecherin arbeitet, verkörpert die unangepasste Juristin seit rund 23 Jahren. In dieser Folge überrascht sie: Klemm raucht nicht, wirkt ungewohnt milde, die tiefe Reibeisen-Stimme klingt weicher. Man sieht sie daheim im langen roten Kleid Champagner schlürfen. Vor allem aber zeigt sie reges Interesse am Fall, der ihre eigene Geschichte berührt.
Ein Mord und eine komplizierte Familie
Im Zentrum des Krimi-Falls steht Firmenchef Kurt Hobrecht (Hannes Hellmann), der in seiner Manufaktur eine Sensation präsentieren will: Ein Fahrrad, gefertigt nach einer Originalzeichnung von 1882. Der Anspruch: Münster und nicht England sei der wahre Geburtsort des modernen Fahrrads.
Doch die geplante Enthüllung endet in einem Schock: Statt des Meisterwerks findet sich in der Radkiste eine Kühltruhe mit der Leiche von Kurt Hobrechts Bruders Albert. Der Münster-Krimi entrollt ein Netz aus Lügen und Tatverdächtigen innerhalb der seltsamen, ehrgeizigen Familie. Seniorchef Kurt Hobrecht gehört bald selbst zu den Hauptverdächtigen – und legt ein Geständnis ab.
Die Liebe ihres Lebens
Das Ganze nimmt Klemm erkennbar mit: "Kurt Hobrecht war die erste große Liebe meines Lebens", vertraut die Staatsanwältin schließlich Kommissar Thiel an. Vor 50 Jahren hatte der Besagte sie heiraten wollen, sie lehnte ab, beide hatten sich danach aus den Augen verloren. Doch jetzt knistert es wieder.
In Minute 68 des „Tatort“ verkündet Wilhelmine Klemm im Büro Thiels (Axel Prahl) beinahe beiläufig ihren Ausstieg. Als Thiel nach dem Grund fragt, blitzt noch einmal kurz die alte Ruppigkeit auf: "Weil ich zu alt für den Scheiß bin."
23 Jahre in einer TV-Rolle
Dieser herbe Schnitt markiert den angekündigten Abschied von Mechthild Großmann aus der Rolle nach 23 Jahren. Für den „Tatort“ aus Münster habe sie immer gerne gedreht. Die Serie sei "familienkompatibel" und "nicht so blutig, auch nicht so anonym". Zum Glück stirbt die Staatsanwältin am Ende nicht den TV-Tod. Mit dem Privatmenschen Mechthild Großmann hatte die Figur nie etwas zu tun. "Das ist eine Fernseh-Realität", die nun Vergangenheit ist.
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