"Swiped" auf Disney+: Die düsteren Seiten von Tinder

Lily James als Gründerin Whitney Wolfe in „Swiped“.
Ein Tischtennis-Tisch, eine Rutsche, Hängematten: In diesem typischen Start-up-Umfeld in Los Angeles brütet ein Haufen Nerds Anfang der 2010er Jahre über Ideen für eine neue App, die den Markt erobern soll. Ein Vorschlag hat es der jungen Truppe dabei besonders angetan: Was, wenn man die Online-Partnersuche von ihrem verstaubten Image befreien und für Millennials schmackhaft machen könnte? So wird Tinder geboren – jene App, die das Dating via Wischbewegung populär gemacht hat.
Der Film „Swiped“ (zu sehen auf Disney+) widmet sich nun der Geschichte von einer der Gründerinnen: Whitney Wolfe. Frisch von der Uni stolperte sie damals in das Start-up, steuerte den Namen bei und sorgte als Marketingchefin dafür, dass die App bei jungen Studierenden einschlug. Tinder wurde ein Riesenerfolg. 2014 verließ Wolfe jedoch das Unternehmen und klagte wegen Sexismus und Diskriminierung. Später gründete sie die App Bumble, die einen sichereren Ort für Frauen in der Welt des Online-Datings bieten will – und Wolfe zur Milliardärin machte.
Wegen einer Vertraulichkeitserklärung, die sie im Zuge eines Vergleichs unterzeichnete, entstand der Film ohne ihre Mitarbeit. Lily James („Cinderella“, „Pam & Tommy“) schlüpft in die Rolle der Protagonistin und spielt sie überzeugend als zunächst naive Frohnatur, die nach und nach erkennt, dass das hippe Start-up von misogyner Bro-Culture durchsetzt ist.
Im Schatten der Männer
Nachdem ihre Beziehung zu einem Kollegen bei Tinder in die Brüche geht, finden wichtige Meetings immer öfter ohne Whitney statt. Bei Interviews und Preisverleihungen steht sie im Schatten der männlichen Führungsriege, auch die zunehmenden Vorwürfe von weiblichen Nutzerinnen über das ungefragte Zusenden von Dickpics werden nicht ernstgenommen.
„Swiped“ hätte eine packende Geschichte über Sexismus in der Tech-Branche, toxische Männlichkeit und die Notwendigkeit von Frauensolidarität werden können. Diese Themen werden auch alle angesprochen, der Film bleibt dabei jedoch zu sehr an der Oberfläche. Auch der Tonfall wird den Ereignissen nicht gerecht: „Swiped“ erzählt kurzweilig, teilweise im Stil einer gut gelaunten, inspirierenden Erfolgsstory von Whitney Wolfe, die als Heldin strukturelle Probleme einfach mit ein wenig Fleiß zu überwinden scheint. Das klingt dann doch etwas zu märchenhaft.
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