Vor wenigen Tagen hat die erstmalige "Qualitätsjournalismusförderung" für die rechtspopulistische Plattform exxpress für einige Aufregung gesorgt. Am Freitag hat der Rechnungshof mit seinem Bericht „Medienförderungen durch die KommAustria und die RTR“ seine Sicht u. a. auch auf dieses Kapitel für den Zeitraum 2019 bis 2023 veröffentlicht.
Ein Hauptpunkt darin: "Der Rechnungshof empfiehlt, konkrete Qualitätskriterien als Voraussetzung zur Gewährung einer Förderung und für die Berechnung der Förderhöhe zu berücksichtigen. Angestrebt werden sollte zudem eine Harmonisierung der inhaltlichen Ausschlussgründe für die Zuerkennung von Medienförderungen", heißt es in einer Aussendung.
Prinzipiell anerkennt der Rechnungshof die zentrale Rolle der Medien in einer demokratischen Gesellschaft und dass deren Funktionsfähigkeit in Österreich den Wegfall etablierter Einnahmequellen gefährdet sei. Die vom Rechnungshof geprüften Medienförderungen wurden von der weisungsfreien Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) und deren Geschäftsapparat, der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) verwaltet. Die Medienförderung des Bundes erhöhte sich zwischen 2019 mit 46,23 Millionen Euro über die Corona-Jahre auf budgetierte 86,85 Millionen Euro im Jahr 2024. Durch die erstmalige Vergabe einer Förderung der digitalen Transformation erhöhte sich 2022 das Volumen um mehr als 50 Millionen.
Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung war die RTR für die Verwaltung von fünf, die KommAustria für die Verwaltung von zwei Förderfonds zuständig. Das Spektrum reichte vom Privatrundfunkfonds und Nichtkommerziellen Rundfunk über den Fernsehfonds Austria bis zur Selbstkontrolle zum Schutz Minderjähriger und der Qualitätsjournalismusförderung.
Kritik an Vergabekriterien
Kritisch sehen die Prüfenden dabei, dass die Vergabe – bis auf eine Ausnahme – letztlich in die Verantwortung von Einzelpersonen fielen: Bei der KommAustria war dies ein Einzelmitglied einer weisungsfreien Behörde, bei der RTR die Geschäftsführung des Fachbereichs Medien.
"Maßgeblich für die Bemessung der Förderhöhe waren wirtschaftliche Kriterien, wodurch die Medienförderung strukturerhaltende Wirkung zeigte. Nicht entscheidend hingegen waren Maßnahmen zur Unterstützung des Strukturwandels", kritisiert der Rechnungshof. Konkrete Qualitätskriterien seien nur in seltenen Fällen als Voraussetzung zur Gewährung einer Förderung verwendet worden. Ein abgeschlossenes Redaktionsstatut führte etwa zu Zusatzbeträgen.
Zudem kritisiert man, dass "sämtliche Förderungen an eine Mindestbestehensdauer geknüpft" gewesen seien. Diese seien "nur beschränkt ausgestaltet, um die Medienvielfalt im Sinne einer Meinungsvielfalt zu steigern und den Marktzutritt neuer Anbieter zu fördern."
Die Prüfer wollen zudem auch „eine Harmonisierung der inhaltlichen Ausschlussgründe für Medienförderungen.“ Häufig braucht es sogar rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen als Vorbedingung für eine Förder-Absage. Im Bericht angeführt wird eine Transformationsförderung über 840.000 Euro, obwohl dem Medium öffentlich mehrfach vorgeworfen wurde, dass es wiederholt zu Hass und Gewalt aufstachle.
Medienschaltungen kein Instrument der Medienfinanzierung
Der Rechnungshof erinnert zudem und "einmal mehr", "dass Medienkampagnen und Medienschaltungen kein Instrument der Medienfinanzierung sind", wovon in der Regel in Österreich Boulevardmedien am stärksten profitieren. Und er merkt an: "Ein Gesamtüberblick über sämtliche Mittel, die die öffentliche Hand für Medien aufwendet, war nicht verfügbar." Etwaige Medienförderungen anderer Gebietskörperschaften sowie die Finanzierung des Österreichischen Rundfunks (ORF) waren im übrigen nicht Teil dieser Prüfung.
Die Empfehlung der Prüfenden an das nunmehr zuständige Medienministerium (BMWKMS) unter Vizekanzler und SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler lautet, "im Rahmen der angekündigten Restrukturierung des Systems der Medienförderung auf eine weitere Öffnung der Förderprogramme gegenüber neuen Marktteilnehmern hinzuwirken und insbesondere auf Anreize für eine (meinungs-)vielfältige Medienlandschaft sowie für professionelle journalistische Tätigkeit Bedacht zu nehmen." Babler hatte sich nach der Vergabe an das umstrittene Online-Boulevardmedium Exxpress irritiert gezeigt und ein Reformpaket mit einer Vielzahl an Maßnahmen angekündigt. Details dazu nannte er noch nicht.
Eklatanter Gender-Pay-Gap
Der Rechnungshof hat sich auch mit den Institutionen der Fördervergabe beschäftigt. Die RTR ist daneben auch für regulatorische und für weitere gesetzlich festgelegte Aufgaben zuständig, wie etwa für die Einrichtung einer Servicestelle zur Künstlichen Intelligenz (KI). Die RTR ist in die zwei Fachbereiche Medien sowie Telekommunikation und Post – mit jeweils einer Geschäftsführung – gegliedert. Der Rechnungshof empfiehlt angesichts fachübergreifender Themen (wie KI) eine übergeordnete Unternehmensstrategie und eine daraus abgeleitete Personalstrategie zu erarbeiten. Beim Thema Personal moniert man, dass der Gender Pay-Gap der RTR im Jahr 2023 mit 34 Prozent deutlich über dem Gender-Pay-Gap des österreichischen Bundesdienstes von zuletzt 8 Prozent und auch über jenem der Privatwirtschaft von 18 Prozent (2022) liegt.
Der Rechnungshof betont, "dass durch seine Empfehlungen nicht in die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden und der Kommissionen eingegriffen wird, vielmehr zielen sie darauf ab, diese zu stärken."
Der Quadratur des Kreises gleich kommt letztlich die allererste RH-Empfehlung an das Medienministerium: "In einem breit und transparent angelegten Prozess wären die medienförderungsrelevanten Gesetze zeitnah zu analysieren, um die angekündigte Restrukturierung der Medienpolitik voranzutreiben, bei der u.a. alle medienförderungsrelevanten Gesetze harmonisiert und vereinfacht werden sollten.
Regulierungsbedarf bei den Plattformen
Mit einigem Nachdruck reagiert der Verband der Privatsender (VÖP)auf den Rechnungshofbericht. "Die Förderung des privaten Rundfunks in Österreich ist heute wichtiger denn je“, erklärte dessen Geschäftsführerin Corinna Drumm, in einer Aussendung. „Die Angebote der privaten TV- und Radiosender sind ein unverzichtbarer Teil der medialen Grundversorgung." Die Sender produzierten jeden Tag rund 2.000 Stunden Programm, darunter Nachrichten, Magazine, Reportagen, Sport- und Unterhaltungssendungen." Förderungen würden dabei weniger als 10 Prozent ihrer Einnahmen ausmachen.
„Leider wird immer wieder übersehen, wie schwierig die Refinanzierung aus Werbung für uns geworden ist, weil die großen Online-Plattformen Jahr für Jahr immer noch höhere Werbebudgets aus Österreich absaugen, ohne hier zur Wertschöpfung beizutragen. Umso wichtiger ist der Privatrundfunkfonds heute für den Erhalt der Vielfalt im Rundfunkmarkt“, erläutert Mario Frühauf, Präsident des VÖP.
Forderung nach Erhöhung der Förderung bei Privaten
Im Jahr 2025 hat die RTR insgesamt über 450 Sendungsprojekte von knapp 100 privaten Rundfunkveranstaltern mit rund 28 Millionen Euro gefördert. Beim VÖP sieht man dabei insbesondere im TV-Bereich einen klaren Schwerpunkt bei Info-Sendungen. VÖP-Vizepräsident Alexander Winheim: „Angesichts der beunruhigenden Erosion der Werbeerlöse ist eine reale Erhöhung der Fördermittel für private Sender dringend notwendig, um Qualitätseinbußen oder gar Marktaustritte zu verhindern. Immerhin schaffen die privaten Rundfunkveranstalter über 2.000 hochwertige Arbeitsplätze.“
Für eine Diskussion über zusätzliche Qualitäts-Förderkriterien, ähnlich dem Presserat als Selbstregulierungsorgan der Printbranche, sieht Drumm keine Notwendigkeit. „Die wirklichen Risiken gehen von den ‚Sozialen Medien‘ aus, die nach wie vor nahezu ungehindert falsche oder einseitige Informationen verbreiten. Wenn es Handlungsbedarf gibt, dann bei der Regulierung dieser Plattformen!“.
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