Pufpaff schlägt den Raab - das Comeback für "TV total"

Pufpaff schlägt den Raab - das Comeback für "TV total"
Rückkehr der Kultshow auf ProSieben ohne Stefan Raab am "Nippelboard". Kann das gutgehen? Die ersten TV-Quoten sind überzeugend.

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

 

Das lineare Fernsehen will offenbar mit Retro-Power zurückschlagen. Wenige Tage nach der Neuauflage von „Wetten, dass..?“ lief nun das Revival für die ProSieben-Kultshow „TV total“ vom Stapel. Diese wurde 2015 - ein Jahr nach „Wetten, dass..?“ eingestellt.

Dabei schien „TV Total“ 1999 schon wie gemacht für die neue Fernsehwelt. Eine virale Clipschleuder, bevor es virale Video-Clips überhaupt gab. Aber irgendwann war das obsolet, weil längst 24/7 lustige Clips und Fundstücke hin- und hergeschickt wurden.

Wobei der womöglich gewichtigere Grund für das Aus wohl darin lag, dass die Show total an ihren Erfinder und Showmaster Stefan Raab gebunden war und der sich komplett von den Showbühnen zurückzog.

Nun also ein Comeback ohne Raab am Nippelboard. Kann das gutgehen?

Es kann, muss aber nicht.

Der neue Moderator

Sebastian Pufpaff - der Name klingt wie Zack zack zack auf Bundesdeutsch - ist womöglich eine Idealbesetzung. Er kommt aus der 3sat-Ecke und hat in der knallbunten Fernsehfraktion noch keinen Namen und daher auch keinen zu verlieren.

Die Rückkehr „aus der längsten Sommerpause, die man sich vorstellen kann“ leitete der 45-Jährige so ein: "Seit 2015 waren wir nicht mehr da, und alles lief außer Rand und Band. Soziale Medien, Fernsehen, Internet, Fake News, alternative Nachrichten. Jetzt ist es an der Zeit. Es reicht. Wir müssen zurückkommen. Und jetzt werden wir hier richten und strafen für den ganzen Schrott, den es da draußen gibt."

Sein erster Auftritt überraschte viele. Mit solcher Selbstverständlichkeit glitt der Neue die Feuerwehrstange herunter und nahm er den fahrenden Schreibtisch und das Nippelboard in Beschlag, dass Twitter erst einmal baff war und voll des Lobes.

Unkorrekt

Da wurde fast übersehen, dass an der politischen Unkorrektheit des satirischen Wochenrückblicks wenig geändert wurde.

Es ging um ein Abschiedsgeschenk für den über Sexvorwürfe gestolperten Ex-Bild-Chefredakteur? Laut Pufpaff hat das keinen Sinn - „Er hatte schon alle …“

Viel Häme war auch dabei, als die Krokodilstränen von Bild-Redakteuren gezeigt wurden, die sich auf „Bild Live“ von Reichelt verabschiedeten. Dort wurde Reichelt - schnüff, schnupf - als jener Mann gewürdigt, der „Viertel nach acht“ erfunden hat.

Ohne ihn hätten wir nur 20:14 und dann käme gleich 20:16, ätzte Pufpaff.

Der ultimative Sendeplatz 20:15 wurde auf ProSieben mittwochs jedenfals für „TV total“ freigeräumt. Unter Raab, der nun im Hintergrund werkt, lief die Sendung wesentlich später.

Witze über "Wetten, dass..?"

Pufpaff rieb sich freilich ausgiebig an der Mutter aller 20:15-Showtanker: „Wetten, dass..?“

Ein auffälliges Quieken von Michelle Hunziker wurde gleich in die Tastatur des Nippelboards aufgenommen.

Ansonsten machte sich Pufpaff vor allem über das gehobene Alter der Show lustig.

Dass Gottschalk bei der Darts-Wette auf der Europakarte nicht gleich Deutschland zuordnen konnte, kommentierte Pufpaff mit den Worten: "Als der jung war, hatte Deutschland noch ganz andere Grenzen."

Und bei „den alten Schweden“ von ABBA fragte sich der Moderator: „Von welcher Bahnhofsmission kommen denn die beiden Zausel?“

Die Witze flutschten allgemein ziemlich fein, wenngleich man das Ausmaß an Häme gegenüber der Konkurrenz auch aushalten muss. Wobei Gottschalk mit Seitenhieben aufs Privatfernsehen in „Wetten, dass..?“ Retourkutschen quasi schon herausgefordert hatte.

Als ein eingeblendeter Versprecher einer Moderatorin mit dem Nippelboard-Kommentar „Wie lange hab ich meinen Job noch?“ versehen wurde, war da schon grenzwertiger.

Am öftesten drückte Pufpaff aber auf „Ich muss lachen“ - dabei hatte das Kölner Publikum (Pufpaff begrüßte es mit „Hallo Nürnberg!“) diese Aufforderung nicht unbedingt nötig.

"Größte Seuche"

So beklagte er etwa mit gespielt ernster Miene, dass sich während der langen Pause von „TV total“ die „größte Seuche der Menschheitsgeschichte“ breit gemacht hätte, "…also der 'Schlagerboom' mit Florian Silbereisen.“

Silbereisens überschwängliche Begrüßung beim jüngsten „Schlagerboom“-Comeback“ war ein gefundenes Fressen für die "TV total“-Macher. Er sagte: "Wollt ihr den Schlager nach zwei Jahren Pause endlich wieder so feiern, wie er nur beim 'Schlagerboom' gefeiert wird?"

Diese Tonspur legten sie dann über die Bilder einer Goebbels-Rede. Das Ganze wurde aber auch mit Mel Gibson aus „Braveheart“ und einer Massenszene aus den „Minions“-Filmen angeboten.

Man wähle aus. Ihr TV-Tagebuchschreiber entscheidet sich für die „Minions“-Szene. Skandalträchtig ist aber auch der Goebbels-Vergleich nicht.

Kein Einlass für "Onkel Puffi"

Nicht alles gelang beim Debüt. In einer Anlehnung an das „Raabigramm“ wollte sich Pufpaff bei einer „Wetten, dass..?“ Probe zu Gottschalk auf die Wettcouch schummeln. Er scheiterte sowohl in seiner Verkleidung als Online-Redakteur als auch im Helene-Fischer-Kostüm.

Die verlorene Wette wollte Pufpaff nach kurzem Überlegen so einlösen: "Hat schon mal jemand versucht, mit einem chinesischen Wok eine Rodelbahn herunterzufahren?“

Die Raab-Idee der Wok-WM wird Pufpaff wohl eher nicht kopieren wollen, aber sein erster Auftritt als „TV total“-Host war - wenngleich ohne Stargäste - gelungen. Wenn man das große Vorbild heranzieht. Den späten „TV total“-Raab schlug er allemal. Puf. Paff.

Frühes Quotengold

Vielleicht ist ein möglicher Grund für ein mögliches Scheitern aber jetzt schob auf prosieben.de zu finden:

„Die ganze Folge wird nach der Ausstrahlung im Fernsehen nicht online zu finden sein.“

Mit den paar angebotenen Häppchen wird man das streamingverwöhnte junge Publikum wohl nicht überzeugen können, außer, es wechselt wegen der Show tatsächlich auf die hauseigene Plattform Joyn.

Sehr wahrscheinlich ist aber, dass man jene damit abholt, die gerne in Jugenderinnerungen baden. Und damit liegt man derzeit jedenfalls voll im Trend.

Die ersten Quoten geben den Programmplanern Recht. Insgesamt 2,86 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer in Deutschland, und in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen schaffte man einen hervorragenden Marktanteil von 27,2 Prozent.

Und jetzt noch der Zonk

Sat.1 bringt demnächst übrigens die Neuauflage der Spielshow "Geh aufs Ganze!" mit dem mittlerweile 76-jährigen Moderator Jörg Draeger. 

Sie wissen schon, das ist die Sendung mit dem Zonk. 

Die ganze Folge 1 ist auf myspass.de zu sehen

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