Peter Rapp: "Im Fernsehen war ich immer glücklicher als im Leben“
Schon zu seinem 70er wunderte er sich: „Ich bin jetzt älter, als ich je dachte zu werden.“ Am 14. Februar 2024 wurde er 80 und wundert sich noch immer: „Egal, bei welchem Friedhof ich auch vorbeifahre, mein Navi sagt: Sie haben ihr Ziel erreicht.“ Peter Rapp, „geboren am 14. Februar 1944 in Wien 1, Rotenturmstraße 19, erste Stiege, dritter Stock, Tür 38, Schlafzimmer“, debütierte 1963 mit einem Country-Song („Go, Man, Go“) im ORF und hat in den 61 Jahren seither an die 7.000 Sendungen moderiert.
Damit ist „der Rapp“ nicht nur „der Bart des Bildschirms“, sondern – jedenfalls, was Unterhaltung betrifft – zweifellos das R von ORF. Sein Heimatsender widmete ihm jüngst eine ganze Folge der Reihe „Als wäre es gestern gewesen“ (Gestalter: Johannes Hoppe), ORF III legt am Samstag (17. Februar, 20.15 Uhr, Gestalter: Georg Schütz) mit „Peter Rapp – der ewige Showman“ eins drauf. Und womit? Mit Recht.
Im Interview verrät der Jubilar dem KURIER, dass ihm alles, ob Karriere, Kinder oder Konkurs, „halt irgendwie passiert ist“, welches Nahtoderlebnis er machte und dass er sich zum Begräbnis „Old Time Jazz, heitere Farben und lachende Gesichter“ wünscht, „sofern sich noch wer an mich erinnert“.
KURIER: Sie gelten als Österreichs Weltmeister der gnadenlosen Schlagfertigkeit. Ex-ORF-Intendant Peter Hofbauer nannte Sie „Spontifex Maximus“ – sind Sie so eine „kalte Hundeschnauze“?
Peter Rapp: Zu zeigen, dass es mir nicht gut geht, hielt ich immer für unprofessionell. Rückblickend gestehe ich, dass mein Mundwerk oft schneller war als mein Hirn. Aber kalte Hundeschnauze? Die einzige Beziehung meines Lebens, die funktionierte, war die zu meinem Hund Fredo. Der war acht, als ich ihn aus einer Budapester Tötungsstation befreite. Er hat mich sofort einmal gebissen – so wurden wir Blutsbrüder. Leider ist er vor vier Jahren mit 15 gestorben.
Wiener Wurzeln
Geboren als Peter August Rapp am 14. Februar 1944 in der Inneren Stadt, Sängerknabe, Komparse, Chauffeur, Reporter, Sänger, Moderator
7.000 TV-Shows im ORF
Die größten Hits
Bis zu 3,5 Millionen Zuschauer erreichte er ab 1968 u. a. mit Spotlight, Die große Chance, Hoppala, Wer A sagt, Champion, Brieflosshow,
3 goldene ROMYs
Die Rückschläge
Privatkonkurs 1997, Verlust von „Licht ins Dunkel“ 2010, Herzinfarkt 2013
Frauen und Kinder
3 Ehen (mit Sylvia Dönch, Sissy Löwinger und Gaby Wachtler), 3 Scheidungen,
3 Kinder in ihren 30ern (Christopher, Rebecca, Roxanne)
Sahen Sie ihm zuletzt schon ähnlich?
Nein, weil er war schön. Ein richtiger g’standener Waskaner halt.
Was ist denn das für eine Rasse?
Ein Waskaner? Es waaß kaner, wer seine Eltern waren. Was mir besonders fehlt, sind die langen Spaziergänge mit ihm in der Au. Nach seinem Tod hab’ ich noch Monate alle Stellen abgeklappert, wo er am liebsten sein Haxerl hob. Heute machen das meine eigenen Haxerln nimmer mit. Seit das Aussteigen aus der Badewanne zur Herausforderung wurde, dusche ich auf einem Stockerl. Und seit einem Sturz direkt aufs Gesicht ziehe ich meine Hose nur noch sitzend an. Früher hab’ ich Urlaubsfotos hergezeigt, heute Röntgenbilder.
Woran scheiterten denn Ihre Ehen?
Ich war im Fernsehen immer glücklicher als im Leben. Und ich bin auch auf Gruppenbildern lieber allein (lacht). Ich zweifelte nie an meiner Fähigkeit und hatte daher auch nie irgendeine Art von Lampenfieber. Angst kannte ich nicht. Ich habe ja in einer Zeit begonnen, als es Begriffe wie „frustriert“ oder „Burn-out“ noch nicht gab. Also war und hatte man so was auch nicht. Wenn sich wer gegen mich aussprach, dachte ich mir immer nur: Was soll’s? – Der Trottel wird auch noch draufkommen ... Schwierigkeiten zu überwinden, war ja das Überlebensmotto meiner Generation. Später sagte ich mir bei negativen Kritiken: Ich weiß gar nicht, was alle haben – ich fand mich gut! Fest steht, dass meine Karriere eine Aneinanderreihung von unglaublichen Comebacks war. Ich bin bei schlechter Auftragslage nie beleidigt in einer Ecke gesessen. Ich wusste ja, man holt mich, wenn’s brennt. Ich fühle mich als „Red Adair des ORF“. Der Red Adair ( 2004) war der legendäre US-Feuerwehrmann, den man stets rief, wenn irgendwo auf der Welt Ölquellen in Flammen standen. Und wenn man bei einem Brandherd im ORF niemandem die Moderation zutraute, wurde mit Rapp gelöscht.
Aber da gab es auch manche Wunden, etwa das Aus bei „Licht ins Dunkel“.
Klar. Plötzlich, nach 32 Jahren, ohne nähere Begründung, nahm man mir die Gala-Sendung weg. Dabei war’s gratis. Aber ich sammelte dort die sicher gewinnendsten Eindrücke meiner ganzen Laufbahn. Es gibt kein ehrlicheres Dankeschön, als von einem lächelnden Menschen mit Trisomie umarmt zu werden. Da ging mir echt das Herz auf.
Stichwort „Herz“ – nach Ihrem Infarkt vor elf Jahren haben Sie Ihren Lebenswandel sicher gründlich überdacht?
Kaum. Diese Klugheit fehlt mir. Ich dachte mir, wenn es ein Zeichen Gottes war, wird er schon nachlegen. Als mich die Rettung abholte, redete die wunderbare Ärztin auf mich ein: „Bleiben Sie bei uns!“ Ich: „Na, glauben Sie, ich steige jetzt aus?“ Nach der OP, bei der mir ein Stent eingepflanzt worden war, saß ich auf dem Ergometer und fragte den Professor: „Kann ich noch Radrennen fahren?“ Er: „Um Gottes willen, nein!“ – „Und warum nicht?“ – „Weil fünf der acht Tabletten, die Sie da täglich schlucken, auf der Dopingliste stehen.“
Sahen Sie das berühmte weiße Licht?
Nein. Mein Nahtoderlebnis bestand darin, dass ich eine riesige Vagina sah, in die ich hineinkriechen wollte. Da hätte sich der Lebenskreis geschlossen. Mein Freund Viktor Gernot erklärte mir: „Also kommst du in den Himmel!“ Ich: „Wieso das?“ – „Für die Hölle hättest du nämlich ein riesiges Arschloch gesehen.“
Das ist Ihnen, nehme ich an, schon zu Lebzeiten gelegentlich passiert.
Ach, diese Begegnungen verdrängt man im Alter. Am unangenehmsten in Erinnerung habe ich Otto Preminger – der gebürtige Altösterreicher war Kultregisseur des Films „Der Kardinal“, der 1963 in Wien entstand. Ich war Statist. In einer Massenszene tanzte ich als einziger Rechts- statt Linkswalzer. Preminger teilte die Paare wie Moses das Meer und warf mich raus. Und spätere Gegner? Es ist mittlerweile so, dass ich am Zentralfriedhof mehr Freunde habe als auf dem Küniglberg. Ich bin ja an beiden Schauplätzen schon aufgetreten.
Ich weiß, ich stand daneben und erlaubte mir auf offener Bühne die Frechheit: „Bei Ihrem Talent, Herr Rapp, hätten Sie schon viel früher auf den Friedhof gehört.“ Das prallte an Ihnen ab.
Ich kann gute Pointen stehen lassen.
Keine Angst vor dem Sterben?
Nein, nur vor Leiden und vor Siechtum. Aber warum werden Menschen in meinem Alter immer gefragt, ob sie sich vor dem Tod fürchten? Mich hat ja bei der Geburt auch keiner gefragt, ob ich mich vor dem Leben fürchte.
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