Ö3 mit Testbetrieb auf DAB+ gestartet

Philipp Hansa mit der Ö3 Wundertüte
Nächster großer Sender nach kronehit-Paket. Verein Digitalradio Österreich hofft auf "echten Turbo".

Der ORF-Hörfunk hat am Freitag, überraschend auch für Marktbeobachter, einen Testbetrieb im digitalen Radiostandard DAB+ gestartet. Bis auf Weiteres wird Ö3 über die MUXII-Plattform in ganz Österreich verbreitet. In einer Stellungnahme heißt es dazu: "Getestet werden unter anderem die Abdeckung des derzeitigen DAB+ Sendernetzes im hochrangigen Straßennetz, in Tunnels und beim Umschalten von UKW auf DAB. In weiterer Folge werden innovative Angebote in den Bereichen Verkehrsfunk, Metadaten und der Kriseninformation erprobt, eine begleitende Analyse umfasst auch die Wirtschaftlichkeit der DAB+ Ausstrahlung."

Bislang sah man im ORF den DAB+ Standard als Übergangstechnologie und setzte vor allem auf UKW und Streaming, zumal man keine neuen Angebote im Markt platzieren darf. "UKW ist nach wie vor die mit großem Abstand wichtigste und meistgenutzte Verbreitungsform für Radio-Signale. In den österreichischen Haushalten sind mehr als 15 Mio. UKW-Radios vorhanden", betont man beim Öffentlich-Rechtlichen. DAB+ gewinne in der Radio-Distribution langsam aber stetig an Bedeutung, nicht zuletzt auch durch die verpflichtende Ausstattung von Neuwagen mit DAB-fähigen Receivern. 

Wachstumsmöglichkeit

Mitte 2024 haben österreichische Privatsender, darunter auch der private Marktführer kronehit, nach einer Gesetzesnovelle einen Gründerboom bei DAB+ hingelegt und damit diese Technologie auch für Haushalte attraktiver als zuvor gemacht. kronehit betreibt z. B. die DAB+ -Radios Rot Weiss Rot,  Super 80s, Eurodance X-Press sowie Pirate Radio. kronehit-Alleingeschäftsführer Philipp König meinte dazu in einem KURIER-Interview: "UKW ist noch stark, aber Wachstum passiert bei DAB+, Apps, Smart Speaker. Dort müssen wir vorne sein, um relevant zu bleiben." Gehemmt wird die Entwicklung noch durch gesetzliche Einschränkungen.

Auch beim ORF beobachtet man "die Marktentwicklung in diesem Bereich seit Langem sehr genau und beschäftigt sich eingehend mit den technischen, wirtschaftlichen und programmlichen Rahmenbedingungen einer allfälligen Ausstrahlung seiner Radiosender via DAB+." Ö3 sei für das Pilotprojekt gewählt worden, "da mit der 24-Stunden-Ö3-Nachrichtenredaktion und dem Ö3-Verkehrsfunk wichtige programmliche Funktionalitäten mit den technischen Tests verknüpft werden können", heißt es seitens des Öffentlich-Rechtlichen. Mit eine Rolle spielen könnte zudem, dass damit auch etwas Reichweite für den Werbeverkauf geholt werden kann.

Turbo oder Rolle rückwärts

Beim Verein Digitalradio Österreich sieht man mit dem Ö3-Testbetrieb einen "historischen Moment für den Radiomarkt" gekommen und hofft darauf, mit dem ORF-Popradio "einen echten Turbo" für das digitale Radio zu zünden.

Indes macht das Schweizer ORF-Pendant beim Radio technisch gerade eine Rolle rückwärts. Nachdem man sich dem politischen Willen folgend von UKW verabschiedet hat, um nur noch auf DAB+ zu setzen, kehrt man nun wieder dorthin zurück, wo sehr viel Reichweite zu holen ist. "Mit dem Entscheid, UKW per Ende 2024 abzuschalten, hat sich die SRG an die vor über zehn Jahren mit der Radiobranche und dem Bund vereinbarte Abmachung gehalten. Die SRG ist solidarisch vorausgegangen, um den privaten Radios, die von Werbegeldern abhängig sind, den Weg zu ebnen. Die politischen Rahmenbedingungen haben sich mit dem Entscheid für eine Verlängerung der UKW-Verbreitung durch das Parlament nun aber geändert." Ein vollständiger Verzicht der SRG Sender auf die Verbreitung über UKW hätte nur dann Sinn gemacht, wenn per Ende 2026 die gesamte Branche – wie vereinbart – UKW abgeschaltet hätte. "Nachdem einige Privatradios vorläufig für diesen Schritt nicht bereit sind, kann es sich die SRG nicht leisten, weiterhin auf diese Verbreitungstechnologie und dadurch auf viele Hörerinnen und Hörer zu verzichten", heißt es in der Aussendung.

 

 

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