ORF-Finanzen: zwischen Bangen und horriblem "Cost-Cutting"

ORF-Finanzen: zwischen Bangen und horriblem "Cost-Cutting"
Stiftungsrat schiebt zusätzlichen Finanzausschuss ein, um „Handlungsspielraum zu nützen"

Die brisante Lage der ORF-Finanzen, bedingt u. a. durch Inflation und die unklare GIS-Zukunft ab 2024, beschäftigt den Stiftungsrat intensiv. Bereits vor dem Plenum am Donnerstag steht fest, dass es am 20. Februar auf Vorschlag von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann eine Extra-Runde des Finanzausschusses zu dem Thema geben wird. Das bestätigt dessen Vorsitzender, ÖVP-Stiftungsrat Thomas Zach. „Es geht darum, den Handlungsspielraum, den die Geschäftsführung erarbeitet hat, zu nutzen. Wir werden dann möglicherweise schon besser wissen, welchen Finanzierungsmodus die Politik künftig für den ORF vorsieht. Welches Modell es auch ist und welche Begleitmaßnahmen notwendig werden, das Unternehmen muss vorbereitet sein.“

Weißmann hatte Ende der Vorwoche gegenüber dem obersten Aufsichtsgremium die Warnung von einer der „größten Finanzierungskrisen der Geschichte“ ab 2024 ausgesprochen. Für die Zeit bis 2026 veranschlagt der ORF nach KURIER-Informationen zusätzliche Mehrkosten von 325 Millionen, wobei der größte Teil – 136 Millionen – auf Folgekosten der Inflation entfallen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die GIS-Finanzierung in der aktuellen Form durch einen Spruch des Verfassungsgerichtshofes mit Ende 2023 ausläuft. Ein Nachfolge-Modus für eine ausreichende ORF-Finanzierung, wie vom VfGH gefordert, steht aber weiterhin nicht fest. Spätestens bis März, so warnte Weißmann, muss seitens der Regierungsparteien diesbezüglich aber alles klar sein.

SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer erwartet vom ORF jetzt auch „Reformen in Eigenverantwortung“ und das strukturell-organisatorisch wie auch inhaltlich-programmlich. Das erste Ziel umschreibt er gegenüber dem KURIER mit den Worten: „Der Newsroom ist tot, es lebe der Newsroom.“ Dort sollte die multimediale Zusammenarbeit der Info-Mannschaften von TV, Radio und Online stattfinden, doch es holpert. „Das ist Verschwendung von Know-how und Ressourcen und gehört zeitgemäß aufgesetzt. Es muss bessere und schnellere Zusammenarbeit geben.“

Stiftungsratslobbying

Lederer sieht zudem die Medienpolitik und die relevanten heimischen (Medien-)Akteure gefordert. „Der Medienstandort muss in seiner Gesamtheit begriffen werden. Der tatsächliche ,Gegner„ sind die GAFAS, als Google, Amazon, Facebook“ mit Auswirkungen auf Demokratie bis Einzelhandel. Dem müsse sich eine „Allianz der Willigen“ entgegenstellen, als Teil dessen er auch den ORF sieht. Die zuletzt wegen Politik-Nähe viel gescholtenen Gremien-Mitglieder würden jetzt „von vielen als Transmitter zur Politik gefordert“. Das Wort vom Lobbying für den ORF werde nun auch von jenen in den Mund genommen, die noch vor ein paar Wochen Kritik geäußert haben.

Künftig nur mehr 500 Millionen?

Derzeit nimmt der ORF jährlich etwa 640 Millionen Euro an Gebühren ein. Seitens der Politik wird die Forderung kolportiert, dass es billiger werden müsse. Gerüchteweise soll ein Absenken sogar auf 500 Millionen von der Politik diskutiert worden sein. Damit würde man weder die Inflationskosten noch die Gebührenbefreiungen aus sozialen Gründen (wie etwa beim Telefon) refundiert bekommen und auch noch per Federstrich zusätzliche 140 Millionen verlieren. „Das hätte ein Cost-Cutting-Programm zur Folge, das wäre der reinste Horror“, meint Lederer. Da müsste im Grunde jede Film-Produktion gestoppt, Sender und Programme komplett hinterfragt, Landesstudios heruntergefahren, Kooperationen und Partnerschaften auf Null gestellt und Mitarbeiten gekündigt werden. „Das kann niemand wollen.“

 

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