ORF-Beitrag: Stiftungsräte wollen Kundenservice "wie am Schnürchen"

Pressegespräch zum ORF-Stiftungsratsplenum mit Vorsitzendem Lederer (re.) und Stellvertreter Schütze
Vorsitzender Lederer will Fonds aus Nebenjobs von ORF-Mitarbeitern speisen. Sein Stellvertreter Schütze warnt vor Kürzungen im Programm

Im Umgang mit den Zahlerinnen und Zahlern der ORF-Haushaltsabgabe hat die ORF-Beitrags Service GmbH (OBS) noch gehörig Luft nach oben. So sehen das jedenfalls der ORF-Stiftungsratsvorsitzende Heinz Lederer und der stv. Stiftungsratsvorsitzende Gregor Schütze. "Die Häufigkeit der Fehler gehört dramatisch abgestellt", meinte Lederer am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Schütze forderte eine Transformation der OBS zur "kundenfreundlichsten Stelle der Republik" ein.

"Es muss dort wie am Schnürchen funktionieren", so Schütze, der für den ÖVP-"Freundeskreis" im obersten ORF-Gremium spricht. Das sei dann gegeben, wenn "wir keine Beschwerden mehr bekommen". Derzeit gebe es viele Probleme bei Adressänderungen, Befreiungsanträgen oder auch im Mahnwesen. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann habe jedoch bereits "rasch hingegriffen", freute sich Schütze. So wurde etwa der OBS-Geschäftsführer Alexander Hirschbeck im Juli abgelöst. Weißmann sprach zuletzt davon, dass 95 Prozent der Kunden zufrieden mit der OBS seien. Mit 3,9 Millionen der knapp über vier Millionen Haushalte gäbe es keine Probleme.

Fond aus Nebenerwerbseinkünften

Lederer, der neben seiner Tätigkeit als ORF-Stiftungsratsvorsitzender auch als Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" spricht, äußerte auch Ideen zum ORF-Ethikkodex. So drängt er darauf, dass Nebenerwerbstätigkeiten von ORF-Mitarbeitern zurückgedrängt und rechtzeitig beantragt werden. In etwa zehn bis 15 Prozent der Nebenerwerbseinkünfte sollen zudem Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung gestellt werden, die sich zum Beispiel Fortbildungsmaßnahmen nicht leisten können. Dafür könnte ein Fond ins Leben gerufen werden, meinte Lederer. 

Weiterhin kritisch sieht er die namentliche Veröffentlichung von ORF-Einkommen, was es sonst bei keinem anderen staatsnahen Unternehmen so gibt. "Gerade am Kollegen Kratky zeigt sich, was für eine furchtbare Auswirkung das haben kann."

Dass ORF-Mitarbeiter ab einem Einkommen von 170.000 Euro pro Jahr per Gesetz in einer Liste namentlich genannt werden müssen, erachtet Lederer als problematisch. "Eine solche Personalisierung kann furchtbare Auswirkungen haben. Sie bedeutet für viele einen enormen psychischen Druck", sagte der Stiftungsrat.

Aber auch die Governance-Regeln für Stiftungsräte werden kritisch hinterfragt. Dies geschieht einerseits in Richtung der im Sommer anstehenden Kür der nächsten ORF-Geschäftsführung. Aber auch in Hinblick auf Auftritte von ORF-Stiftungsräten in ORF-Sendern wie jüngst erst wieder FPÖ-Vertreter Peter Westenthaler bei ORFIII. "Alle, die für dieses Unternehmen arbeiten, haben eine besondere Verpflichtung. Diese besondere Verpflichtung betrifft, glaube ich auch, alle Mitglieder des Stiftungsrats. Ebenso ist jedes Mitglied angehalten, sich natürlich die Frage zu stellen, dient es dem Unternehmen, was ich öffentlich tue", meinte Schütze. Lederer erklärte, man wolle "mit offenem Horizont" die Geschäftsordnung des Gremiums nachschärfen und dazu Vorschläge sammeln. 

Sicherheit beschäftigt Räte

In der kommenden ORF-Stiftungsratssitzung am Donnerstag wollen die beiden auch das Thema Sicherheit ansprechen, nachdem Pro-Palästina-Aktivisten für eine Störaktion bis vor den ORF-Newsroom gelangen konnten. "Wir wollen vom ORF-Generaldirektor wissen, welche Maßnahmen sofort getroffen wurden. Für uns ist glasklar: So etwas darf sich nicht wiederholen. Der ORF ist Teil der kritischen Infrastruktur", so Schütze.

Insgesamt sehen die ORF-Stiftungsräte den Medienstandort mit "enormen tektonischen Verwerfungen", so Lederer, konfrontiert. Man setze sich für einen gemeinsamen Medienstandort ein und suche mit dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) nach Lösungen. 

Herausforderung KI

Im November werden die beiden Verbände in den Stiftungsrat eingeladen. Thema werde dabei etwa der Bereich Urheberrecht sein, der in Zeiten von KI-Anwendungen, die auf Basis riesiger Datenmengen trainiert werden, zusätzliche Brisanz gewonnen hat. "Es kann nicht sein, dass internationale Digitalriesen mit unseren Archiven lernen und unser Inventar zum Nulltarif verwenden. Hier müssen Schranken aufgebaut werden", sagte Lederer.

Pressegespräch zum ORF-Stiftungsratsplenum

Führungsteam im Stiftungsrat: ÖVP-Freundeskreisleiter Gregor Schütze (li.) und eine SPÖ-Pendant Heinz Lederer

Sparen, aber nicht im Programm

Mit dem kürzlich vorgestellten ORF-Programm 2026 sind Lederer und Schütze zufrieden. "Wir sind stolz auf das Programm. Es gilt in der Struktur zu sparen und nicht im Programm", so Schütze mit Blick auf "wahrlich nicht einfach zu stemmende Sparpakete", die das öffentlich-rechtliche Medienhaus beschäftigen.

Ein erstes Sparpaket umfasst von 2023 bis 2026 in Summe 325 Millionen Euro. Heuer werden in etwa 89 Millionen Euro eingespart, 2026 ca. 104 Millionen Euro. Ein zweites, ebenfalls durch eine Gesetzesänderung verursachtes Sparpaket in Höhe von 130 bis 140 Millionen Euro trifft den ORF von 2027 bis 2029. Davon entfallen 24 Millionen Euro auf 2027, ca. 49 Millionen Euro auf 2028 und in etwa 59 Millionen Euro auf 2029.

Gutachten zu Informationsfreiheitsgesetz

Auch das in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz beschäftigt das oberste ORF-Gremium. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben, um die Frage zu klären, ob oder inwieweit die Sitzungen des ORF-Stiftungsrats davon betroffen sind. Laut Lederer werde dies am Donnerstag in der Sitzung besprochen. Dass Protokolle von Sitzungen auf Anfrage herausgegeben werden müssen, dürfte laut dem Gutachten aber eher nicht der Fall sein, sagte der Stiftungsratsvorsitzende.

Dass er und sein Stellvertreter im Vorfeld einer ORF-Stiftungsratssitzung zu einer Pressekonferenz laden, ist ungewöhnlich. "Wir haben uns vorgenommen, transparenter, klarer und offensiver das Wesen Stiftungsrats vorzustellen, ohne dabei aber in inhaltliche Diskussionen einzugreifen", erklärte Lederer dazu.

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