"Oh Hell": Mit Anlauf in die Peinlichkeit
Um eine schlechte Ausrede war Helene noch nie verlegen. Schon als Kind hat sie sich ihre Entschuldigungen für die Schule selbst geschrieben: Sie könne leider nicht am Unterricht teilnehmen – wegen einer Pestinfektion.
Viel ändert sich auch nicht, als Helene (Mala Emde) erwachsen ist – oder zumindest das entsprechende Alter erreicht hat. Die 24-jährige Protagonistin von „Oh Hell“ – montags bei Warner TV Comedy, etwa über Sky, zu sehen – wurschtelt sich so durchs Leben.
Ihr Vater glaubt, dass sie Jus studiert und reist mit Blumen und Ballons zur vermeintlichen Abschlussfeier an, während Helene in Wahrheit mit zerzausten Haaren im Callcenter sitzt und am Telefon Pflanzendünger verkauft. Wie zur Strafe bekommt sie auch noch ständig das nach außen hin perfekte Leben ihrer Kindheitsfreundin Maike (gespielt von der Österreicherin Salka Weber) unter die Nase gerieben: Sie ist erfolgreiche Influencerin, fährt vorbildlich E-Auto und trifft abends angesehene Künstler zum intellektuellen Gespräch. Das macht sich gut auf Instagram.
Als Helene den ebenfalls verpeilten Cello-Lehrer Oskar (Edin Hasanovic) kennenlernt, scheint sie ihre bessere Hälfte gefunden zu haben – und die will sie unbedingt Maike vorstellen.
„Oh Hell“ wurde kürzlich beim Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet, Vergleiche zur britischen Serie „Fleabag“ wurden gezogen. Auch hier steht eine Protagonistin im Mittelpunkt, die mit Anlauf auf alles Peinliche zuzusteuern scheint. Und mit Fremdscham-Momenten kennt sich Serienschöpfer Johannes Boss aus: Er ist einer der Autoren von „jerks.“. Kein Wunder, dass auch „Oh Hell“ wunderbar seltsam und unterhaltsam geworden ist – aber auch tragisch.
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