Nobelpreis-Krise: Arnault wegen Vergewaltigung verurteilt

Der Kulturschaffende Jean-Claude Arnault löste die schwere Krise um die Literaturnobelpreise aus
Der Ehemann einer früheren Jurorin der Literaturnobelpreise löste eine schwere Krise aus. Jetzt fiel ein Urteil.

Der Franzose Jean-Claude Arnault, Auslöser für den Konflikt in der Schwedischen Akademie, muss wegen Vergewaltigung ins Gefängnis. Ein Gericht in Stockholm verurteilte den 72-Jährigen am Montag zu zwei Jahren Haft.

Arnault ist mit dem ehemaligen Mitglied der Schwedischen Akademie Katarina Frostenson verheiratet. Die Akademie vergibt jedes Jahr den Literaturnobelpreis. In diesem Jahr wurde die Verleihung abgesagt, weil die Mitglieder völlig zerstritten sind.

Grund waren unterschiedliche Auffassungen darüber, wie man mit den Vorwürfen gegen Arnault umgehen sollte. Einem Bericht der Zeitung Svenska Dagbladet zufolge haben insgesamt 18 Frauen dem Franzosen sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Verurteilt wurde er am Freitag wegen Vergewaltigung einer Frau. Eine Anklage wegen Korruption wurde bereits früher aus Mangel an Beweisen fallengelassen.

Als die Vorwürfe gegen Arnault im November bekannt wurden, entschied die Mehrheit der Akademie, dass Frostenson trotz der Anschuldigungen gegen ihren Mann im Amt bleiben könne. Aus Protest hatten daraufhin mehrere Jurymitglieder ihre Arbeit niedergelegt. Im Mai kündigte die Akademie an, dass 2018 kein Literaturnobelpreis vergeben wird.

Die zerrüttete Akademie

Das Drama entspann sich in mehreren Akten: Zuerst der Vorwurf, Jean-Claude Arnault, der Ehemann von Akademiemitglied Katarina Frostenson, habe Frauen sexuell belästigt. Doch damit nicht genug: Das Paar soll sich selbst Fördergelder zugeschanzt und die Namen von Nobelpreisträgern ausgeplaudert haben. Das kann angesichts der lebhaften Wettgemeinde durchaus lukrativ gewesen sein. Die Ermittlungen hierzu endeten wegen Mangels an Beweisen.

Erst versuchte die Akademie, die Skandale kleinzureden. Dann legten namhafte Mitglieder die Arbeit nieder. Die einflussreiche Juryvorsitzende Sara Danius musste gehen. Von den einst „ehrwürdigen 18“ waren plötzlich nur noch 9 Mitglieder aktiv - so wenige, dass der sonst so zurückhaltende schwedische König Carl XVI. Gustaf seine „große Sorge“ über die Arbeitsfähigkeit der Akademie ausdrückte. So wenige auch, dass sie allein keine neuen Mitglieder berufen konnten.

Ehrwürdigkeit muss noch erarbeitet werden

Seitdem siecht die Schwedische Akademie dahin. Man fetzt sich, langt im Wortgefecht immer wieder unter die Gürtellinie. Die Sache ist noch lange nicht vom Tisch - auch wenn im Sommer etwas Ruhe einkehrte. Die jahrhundertealten Statuten wurden um eine Loyalitätspflicht ergänzt. Kurzzeitig schien es sogar, als könnten drei passive Mitglieder zurückkehren und damit die Wahl neuer Mitglieder ermöglichen. Die „ehrwürdigen 18“ könnten zumindest wieder „18“ sein - wenn sie sich ihren Ruf auch erst wieder erarbeiten müssten.

Doch die drei, Kjell Espmark, Peter Englund und Sara Danius, ruderten zurück. „Möglicherweise - möglicherweise“ könnten sie an wichtigeren Abstimmungen teilnehmen, „nichts anderes“, erklärten sie. Damit zementieren sie ihre Machtposition, denn solange die drei eine Beteiligung an Neuwahlen verweigern, können sie Druck auf verbliebene Mitglieder ausüben, die den Skandal kleinzureden versuchen.

Shortlist blieb geheim

Immerhin hat es die Akademie in all dem Wirbel geschafft, die fünf Namen auf ihrer Frühjahrs-Shortlist geheim zu halten. Wer da drauf steht, könnte noch wichtig werden, denn der Preis soll im kommenden Jahr nachgeholt werden. Ob dann vielleicht - als sichere und unangreifbare Wahl - einer der ewigen Favoriten eine Chance hat?

Ein paar Namen werden mit stoischer Geduld nämlich jedes Mal genannt, wenn man in der schwedischen Kulturszene nach dem Literaturnobelpreis fragt. Die Kanadierin Margaret Atwood. Philip Roth. Der syrische Poet Adonis und der Israeli Amos Oz. Oder doch der Kenianer Ngugi Wa Thiong'o, den schon im vergangenen Jahr viele als Geheimfavoriten auf der Liste hatten, weil es mal wieder Zeit für einen afrikanischen Preisträger sein könnte? Auch der Japaner Haruki Murakami steht auf diesen Listen immer ganz oben.

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