Netflix-Serie "Kitz": "Junge Erwachsene, die zu viel Geld haben"
Kaum ist die letzte „SOKO“-Krimileiche aus Kitzbühel abtransportiert, ist die Gamsstadt erneut Schauplatz einer Serie. Diesmal beim Streamingriesen Netflix und für ein deutlich jüngeres Publikum. Die auf große Fernsehproduktionen ausgerichtete Odeon Film aus München startet am 30. Dezember mit „Kitz“, mit einer laut Eigendefinition „Young-Adult-Mystery-Drama“-Serie rund um junge Erwachsene, die in Kitzbühel Party machen (siehe Infobox).
Produzent Vitus Reinbold, der ein Faible für Serien wie „Gossip Girl“ und „Beverly Hills 90210“ mitbrachte, und Drehbuchautor Nikolaus Schulz-Dornburg – er hatte auch „American Psycho“-Autor Bret Easton Ellis im Kopf – kreierten die sechsteilige Serie als Showrunner.
„Schulz-Dornburg im Interview: „Uns hat interessiert: Was passiert mit jungen Erwachsenen, die zu viel Geld haben? Die Münchner sehen Kitzbühel als Ort, wo die Reichen ihre Häuser haben. Als Nobelvorort, wie er gerne ein bisschen kolonialistisch bezeichnet wird.“
Konflikte
Die „Hamptons von München“ erschienen den beiden als „interessante Arena, um die Konflikte in dieser Young-Adult-Welt zu erzählen“, wo eine „lokale Dorfbevölkerung mit starker eigener Identität auf diese reichen Leute trifft.“
Schulz-Dornburg kennt diesen Clash aus Münchner Sicht, Reinbold mit dem Blick des „Dorfis“ aus dem Münchner Umland, wie er sich selbst und seine Freunde nennt. In der Serie bezeichnen die Rich Kids die Kitzbüheler abschätzig als „Dorfis“. „Diese Erwähnung ist eine Liebeserklärung“, meint Reinbold schmunzelnd: „Dorfis sind die Besten!“
Man habe keine eindimensionalen Figuren zeigen wollen, „am Ende sind das trotzdem alle Menschen. Obwohl die, die mit Schampusflaschen herumwedeln, sich auf den ersten Blick blöd benehmen, ist da ja trotzdem mehr dahinter.“
„Was die Serie speziell macht ist, dass wir sie so konkret wie möglich in dieser Welt ansiedeln“, sagt Schulz-Dornburg. „Das will auch Netflix so, was total cool ist für uns Kreative, zu sagen: Wir wollen nicht etwas Austauschbares machen, das überall spielen könnte. Trotzdem hat es eine internationale Dimension, die man aber nicht immer bewusst mitdenkt.“
Übers Casting fand man junge, aufstrebende Schauspieler und Schauspielerinnen, wie Valerie Huber (25), die kürzlich im Kinofilm „Klammer“ aufzeigte. Man habe mehr auf die Stimmigkeit der Konstellationen geachtet als auf die Herkunft.
„Ich finde es total lustig, dass Valerie als Österreicherin das Münchner Rich Kid spielt und Sofie Eifertinger als Deutsche sozusagen die Einheimische“, meint Reinbold. „Das zeigt, dass letztlich das Wichtigste war, die besten Darsteller zu finden. Ich bin auch sehr stolz auf das diverse Bild, das wir geschaffen haben, um einfach eine moderne Serie zu erzählen.“
Einer der Hauptdarsteller, Bless Amada (24), ist in Togo und in München aufgewachsen. Seit Kurzem ist er Mitglied des Burgtheaterensembles.
„Kitz“ bietet viel Hochglanz und ist bis in die kleineren Rollen prominent besetzt
Alljährlich zu Silvester kommen junge, wohlhabende Partypeople nach Kitzbühel, um dort im Chalet des Instagram-Models Vanessa (Valerie Huber) glamourös zu feiern.
Der 19-jährigen Tirolerin Lisi (Sofie Eifertinger) ist nicht nach Party. Sie macht Vanessa für den Tod ihres Bruders verantwortlich. Als Kellnerin bei der Party gelingt es ihr, mit Hilfe ihres guten Freundes Hans (Ben Felipe) sich in die Clique einschleusen, um Unfrieden zu stiften.
„Kitz“ hat alle genretypischen Zutaten. Schöne Menschen, Liebe, Rache, Intrige, zwar wenig Mystery, dafür eine Prise Humor. Für diesen sorgt meist Kosh (Zoran Pingel), der auch die Partydrogen verwaltet.
Die kleineren Rollen sind prominent besetzt. Auf der Münchner Elternseite etwa mit Florence Kasumba, Tyron Ricketts und Nadeshda Brennicke, bei den Tirolern mit Johannes Zeiler und Wolf Bachofner.
Auf den lokalen Dialekt hat man verzichtet, „denn nichts ist schlimmer, als den Ton nicht zu treffen,“ meint Autor Schulz-Dornburg. „dann ist es besser, man macht es neutral.“
Dabei sind er und Produzent Reinbold große Fans von dialektgetriebenen Serien wie „Monaco Franze“, „Kir Royal“ oder „Piefke-Saga“.
Das Showrunner-Prinzip interpretieren die beiden so, „,dass wir uns als verantwortlich für die Vision der Serie sehen. Alles, was am Schluss zu sehen ist, trägt unsere Handschrift.“ Schulz-Dornburg ergänzt: „Es ist wie ein Schirm, der über dem Gesamtkonstrukt steht, damit jeder Bereich für sich seine beste Arbeit tun kann.“
Farbenfroh
Auch über eine homosexuelle Beziehung wird in „Kitz“ erzählt. Reinbold: „Wir geben die Welt wieder, so wie sie ist. Und sie ist einfach farbenfroher. Es gibt Schwule, Lesben, diese als Teil der Geschichte zu sehen, war uns sehr wichtig.“
Er findet den Zugang von Netflix mutig, „weil wir alle keine Leute sind, die schon 80 Serien gemacht haben. Dass man so ein Prestigeprojekt machen darf und man sich traut, das mit jungen, unverbrauchten Gesichtern zu besetzen, diese weltweit zu präsentieren, ist eine Riesenchance.“
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