KURIER: Ist die Zusammenführung mit einem Sparprogramm verbunden?
Monika Eigensperger: Innerhalb des ORF gibt es laufend Strukturmaßnahmen. Aktuell gilt es die Vorgabe des Stiftungsrates, bis Ende 2021 300 Mitarbeiter einzusparen, durch Synergieeffekte umzusetzen. Es gilt Kräfte zu bündeln. Es gibt auch bereits erfolgreiche bimediale Kooperationen, etwa in den Bereichen Wissenschaft und Kultur.
Wie wird in Zukunft Radio konsumiert werden?
Live, on demand und auf unterschiedlichsten Ausspielwegen. Die moderne Übertragungstechnik ermöglicht es, Radio unterwegs via Smartphone zu hören. Das ist natürlich ein wesentlicher Vorteil. Das klassische Küchenradio wird es aber auch weiterhin geben. Mit welcher Technologie er den Radiosender seiner Wahl empfängt, ist dem Konsumenten meistens egal. Wesentlich wichtiger ist es, die Inhalte länger zur Verfügung zu stellen. Die erfolgreichsten Sendungen, die auf Ö1 nachgehört werden, sind die Journale. Diese werden oft nur eine halbe Stunde zeitversetzt abgerufen. Denn viele Berufstätige können es nicht immer einrichten, dass sie um Punkt 12 Uhr das Mittagsjournal live mitverfolgen. Dieses Service für zeit- und ortsunabhängiges Hören wird von unserem Publikum mittlerweile vorausgesetzt und auch gut angenommen.
Wünschen Sie sich bezüglich Ausweitung des Angebots auf der ORF-Radiothek Änderungen im Rundfunkgesetz?
Wir haben im Rahmen der gesetzlichen Bedingungen die Möglichkeit, Beiträge bis zu sieben Tage nach Ausstrahlung den Hörern zur Verfügung zu stellen, was auch gut angenommen wird. Bei aktuellen Themen reichen sieben Tage aus, aber wir produzieren auch Hochglanzproduktionen, zeitlose schöne Hörerlebnisse, die wir gerne noch länger anbieten würden. Zum Beispiel Städteporträts auf Ö1. Auch bei Podcasts wäre eine Änderung wünschenswert. Die dürfen wir aktuell zwar 30 Tage lang anbieten, aber wenn ein Podcast mehrere Folgen hat, und ein Hörer erst später einsteigt, sind oft die früheren Folgen nicht mehr abrufbar. Das ist ärgerlich.
Streben Sie damit eine Öffnung des ORF-Archivs an?
Eine solche Maßnahme würde viel bringen, wenn uns erlaubt werden würde, Archivcontent mit aktuellen Inhalten zu verknüpfen und dies länger anzubieten. Durch die Schaffung solch bewusst ausgewählter Themenblöcke innerhalb des ORF-Angebots entsteht ein Mehrwert für unser Publikum.
25 Jahre FM4. Wie hat sich der Sender verändert?
Zuerst kam die Erweiterung des Sendebetriebs auf 24 Stunden, dann wurden die Online-Plattform und zuletzt die Social-Media-Kanäle immer wichtiger. Der Grundauftrag ist dabei stets der Gleiche geblieben: FM4 soll ein jüngeres Kultur-interessiertes Publikum ansprechen und gesellschaftlich relevante Themen anbieten. In Sachen Literatur und Musik liegt der Fokus auf der jungen österreichischen Szene, die wir so ausführlich wie möglich abbilden.
Wer ist der „klassische“ FM4-Hörer?
Wenn man es soziodemografisch analysiert, dann sind es die Digital Natives, denen folgende Eigenschaften zugeschrieben werden: Sie sind meist urban, beweglich was Wohnort und Job betrifft, auf Social Media-Kanälen aktiv und richten ihren Blick über den österreichischen Tellerrand hinaus. FM4 erreicht in einem urban-studentischen Milieu die meisten Hörer. Der Kern der Hörerschaft hat formal eine höhere Bildung und liegt im Alterssegment der 20- bis 39-Jährigen. Für die Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen schaffen wir gerade spezifische Angebote, beispielsweise geht der Hip-Hop-Lesekreis jetzt auch an Schulen. Bei noch jüngeren, also bei 10- bis 13-Jährigen, tun wir uns ganz schwer, weil die oft noch das Radio der Eltern hören und die englische Sprache eine Hürde darstellt.
Wie sieht es mit der Gruppe der Über-40-Jährigen aus?
Menschen, die ihre Jugendjahre mit FM4 verbracht haben, konsumieren den Sender auch noch über das Alter von 40 hinaus. In dieser Gruppe gibt es aber einen signifikanten Anteil von Wechselhörern, die zum Großteil zwischen Ö1 und FM4 hin- und herpendeln. Es sind popkulturell sozialisierte und politisch interessierte Menschen, die gerne die Journale auf Ö1 hören, aber weiterhin musikalische Inhalte bei FM4 suchen.
Auf was achtet man bei der Mitarbeiterauswahl? Wie wichtig ist zum Beispiel eine schöne Radiostimme?
Natürlich hat man es einfacher, wenn man mit einer wunderbaren Stimme und Aussprache gesegnet ist, aber Menschen, die gute Geschichten erzählen können, ein „Rampensau-Gen“, eine tolle Persönlichkeit haben, kommen oft besser on air rüber als die schönste Sprechstimme. Wir versuchen eine gute Mischung aus jungen Wilden und bereits renommierten Mitarbeitern zu finden. Wir setzen bei den Mitarbeitern auf Vielfalt: Bei uns arbeiten beinahe 50 Menschen mit Migrationshintergrund. Wir sind aber kein exotischer Multi-Kulti-Haufen, sondern die österreichische Realität.
Wie beurteilen Sie die Aussage: Je globaler die Welt, desto lokaler das Radio.
Es ist kein Entweder-oder. Natürlich ist es für viele Radiokonsumenten wichtig, dass Sie mit Informationen aus ihrer näheren Umgebung versorgt werden. Das gilt auch für Musik. Radio ist immer auch Heimat. Das gilt für Regionalradios genauso wie für die FM4-Hörer, die sich auch „at home“ fühlen möchten.
Vierteljahrhundert: Erstmals on air ging FM4 am 16. Jänner 1995. In den ersten Jahren teilte sich der Sender die Frequenz noch mit Blue Danube Radio, seit 2000 sendet FM4 rund um die Uhr. Das Geburtstagsfest, das am Samstag mit Acts wie Fiva oder Mavi Phoenix in der Ottakringer Brauerei stattfinden wird, ist ausverkauft. FM4 sendet am Samstag ab 21 Uhr direkt von der Party.
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