Medienmanager Kofler: "Keine Zwangsgebühren für Fußball"
Georg Kofler, eine Legende des deutschen Privatfernsehens, über den umkämpften Sportrechtemarkt und die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender.
Von Peter Temel
Er erfand den Privatsender ProSieben und machte den deutschen Pay-TV-Sender Premiere erstmals profitabel. Bis im Vorjahr war der Unternehmer und Investor Teil der Gründershow "Die Höhle der Löwen" (Vox) und ist ein gefragter Branchenkenner. Zuletzt war er auf Einladung von Canal+ beim "Krone Leadership Day" in Wien zu Gast und diskutierte zum Thema Sportrechte.
Umkämpfter Markt
Kofler beschreibt den Sportrechtemarkt im KURIER-Gespräch als „Wettkampf verschiedener Interessenten“. Es gebe mehr Wettbewerber, weil durch Streaming mehr Anbieter direkten Zugang zum Endkunden haben. „Dadurch ist der Sportrechtemarkt vielfältiger als früher, auch umkämpfter. Und das wird so bleiben“, sagt Kofler. „Auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Anbieters spielt eine entscheidende Rolle. Denn du musst ja bei diesen Rechten mit Hunderten von Millionen in Vorleistung gehen und dann darauf setzen, dass du sie wieder zurück verdienst, weil du so und so viele Abonnenten dazu gewinnst.“
Vom „Tiger“ ...
Georg Kofler wurde 1957 als Sohn eines Holzfällers in Südtirol geboren. Ab 1983 Assistent von ORF-Generalintendant Gerd Bacher (genannt „der Tiger“), ab 1987 Büroleiter des deutschen Medienmoguls Leo Kirch. Ab 1988 baute er den Privatsender ProSieben zum erfolgreichen Familien- und Spielfilmsender auf und brachte ihn an die Börse. Von 2002 bis 2007 CEO beim Pay-TV-Sender Premiere.
... zu den „Löwen“
Heute als Unternehmer und Investor tätig. Bis 2023 war Kofler in der Vox-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ zu sehen
„Sport hat eine emotionale Eisbrecherfunktion", erklärt Kofler, "Live-Spitzenspiele lösen viel mehr Emotionalität aus als alle anderen Medienprodukte. Medienunternehmen, die auf Abos setzen, können hier ungleich mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Als ich mit Premiere die exklusiven Bundesligarechte erworben habe, hat das für ein Aufsehen gesorgt, das wir mit den alleraufwendigsten Marketingkampagnen nicht erreicht hätten. Und es wird auch das Kalkül von Canal+ sein, dass sie hier in Österreich mit diesen Champions-League-Rechten einen neuen, frischen Impuls bekommen.“
Champions League auch im Free-TV
Er würde empfehlen, dass man dabei auch noch eine Free-TV-Komponente hat, um das Angebot bekanntzumachen. „Überall zu sein, wo die Kunden sind, finde ich schlau“. Canal+ hat auch den z. B. via Kabel empfangbaren Sender Canal+ First im Portfolio.
Pläne für eine Expansion des aus Frankreich stammenden Konzerns nach Deutschland spüre er derzeit nicht, er sehe bei Canal+ eine „sehr durchdachte, bodenständige und nachhaltige Internationalisierungsstrategie in kleineren Märkten wie Österreich“.
Wendung
Im Bereich Sportrechte gab es zuletzt eine interessante Wendung. Puls 4 legte zwei UEFA-Pakete (Champions League-Highlights und ein Livespiel in Europa League oder Conference League) ab 2024/25 zurück. Diese wanderten wieder zu ServusTV. Der Salzburger Sender wurde in den vergangenen Jahren immer aktiver in diesem Bereich und ist mit der Hauptlizenz für die EURO in Deutschland auf einem Höhepunkt angelangt.
Das Projekt Servus TV habe Kofler „immer als sehr mutig" betrachtet, "man könnte es auch medienwirtschaftliches Mäzenatentum nennen“. Eigentümer Mateschitz habe darin „offenbar mehr Nutzen als bloß die Veranstaltung eines Senders“ gesehen. „Ob diese publizistische Nebenrendite, auch in politischer Präsenz, weiterhin so wichtig ist, dass die entsprechenden Mittel dafür eingesetzt werden, das kann ich nicht beurteilen“, meint Kofler.
"Nörgler und Besserwisser"
Dass die Privaten in Österreich mehr Kreativität aufbringen müssen, um gegen den übermächtigen ORF zu bestehen, bestätigt der Unternehmer. Was die Strategie von Puls 4 betrifft, stark auf den „Superstreamer“ JOYN zu setzen (der auch die Inhalte von ServusTV streamt), sagt Kofler: „Ich mag nicht als risikofreier Besserwisser auftreten. Aber ich wünsche allen unternehmerischen Erfolg, weil ich es mutig finde, auf so ein Konzept zu setzen und dafür hier zu investieren. Es kann dem Medienstandort Österreich nichts Besseres passieren, als dass es viele leistungsfähige Medienanbieter gibt.“ Den "Nörglern und Besserwissern" sei er schon in seiner Zeit als ProSieben-Chef ausgesetzt gewesen, sagt Kofler.
Doppelmoral
Als „brachialen Ausdruck von Doppelmoral und Heuchelei“ sieht er jene Fanproteste in Deutschland, die vergangene Woche den endgültigen Rückzugs eines neuen Investors bei der Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) erzwangen. „Dabei wollen diese Ultras, dass ihre Vereine gewinnen, dass sie Stars holen, und dazu brauchen die Klubs viel Geld. Der Fußballmarkt ist Kapitalismus pur. Das ist intellektuell mediokres strategisches Denken, was da zum Ausdruck kommt. Es wäre für die DFL besser gewesen, wenn sie diesen Deal abgeschlossen hätten. Aber da der nun verhindert worden ist, muss man sich nicht wundern, wenn der deutsche Fußball weniger wettbewerbsfähig sein wird.“
Was das Projekt einer Super League betrifft, in der nur noch die finanzkräftigsten Klubs Europas spielen könnten, einen solchen Schritt würde er sich „schon genauer überlegen“. Denn Fußball sei eben auch „eine Sportart mit einer breiten Basis“, wo viele auch kleineren Vereinen folgen. „Aber es ist eben auch großes Entertainment. Und ich glaube, das haben wir auch in Deutschland auch gesehen: Wenn es den FC Bayern nicht geben würde, dann wäre die Bundesliga insgesamt auch weniger attraktiv.“
Annäherung
Im Großen sieht Kofler eine weitere Annäherung von linearen Fernsehsendern und Streamern. „Natürlich haben die klassischen Fernsehsender heute schon mehr Streamingangebote, damit ihre ihre Programme flexibel anzuschauen sind, daran führt kein Weg vorbei. Und umgekehrt haben die Streamer auch heute schon Free-TV-Komponenten drin, Werbeblöcke oder lineare bzw. Live-Elemente.“
Warum die öffentlich-rechtlichen Sender weiterhin ihre Position so stark halten können?
Kofler blickt zurück: „Ich habe das auch am eigenen Leib erfahren. Es gibt ein untrennbares Netzwerk zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den politischen Entscheidungsträgern. Und es gibt die Vorstellung, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk der Demokratie zu dienen hat, was ich auch jederzeit unterschreiben würde. Aber das wird von den politischen Parteien so interpretiert, dass sie auch den politischen Parteien zu dienen haben.“
"Dafür braucht es keine Zwangsgebühren"
Er sieht eine Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die „gerade in Deutschland eine unfaire Wettbewerbsverzerrung zulasten der privatwirtschaftlich organisierten Medien darstellt. Daher halte ich das duale Rundfunksystem durch die Marktentwicklung für dramatisch überholt und antiquiert. Es braucht einen klar definierten Programmauftrag. Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen nicht alles machen. Sie müssen nicht die Champions League oder die Bundesliga übertragen. Das können Private im Zweifel auch noch besser. Und dafür braucht es keine Zwangsgebühren. Was es braucht, ist ein öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Fokus auf seine zentralen Programmaufgaben Information und Kultur. Und das mit Begeisterung.“
Georg Kofler außerdem zu ...
... Veränderungen durch Social Media
„Ich finde, Fernsehen ist noch immer ein faszinierendes Medium. Ich finde die Ausdrucksformen, wie wir sie jetzt erleben können, so ungeheuer vielfältig. Vom klassischen Fernsehen bis hin zu den Videos auf auf YouTube oder anderen Social Media Kanälen. Wir haben eine enorme Demokratisierung der audiovisuellen Medien erlebt. Ich kann mich noch erinnern, als das Privatfernsehen angefangen hat, da war da die Kritik von links immer, dass die Pressefreiheit nur die Freiheit weniger vermögender Verleger ist, ihre Meinung drucken zu lassen. Jetzt kann jeder seine Meinung äußern, mit allen Risiken und Nebenwirkungen, wie wir sehen. Aber wir haben heute eigentlich die demokratischste und vielfältigste Mediensituation in der gesamten Mediengeschichte. Das finde ich prinzipiell positiv und durchaus faszinierend. Und für mich persönlich ist es unverändert interessant, dieses kreative Leben und Treiben und die vielen unternehmerischen Initiativen in diesem Bereich zu beobachten und teilweise mitzumachen.“
... Markteingriffe der Politik
"Ich bin immer skeptisch beim Ruf nach der Politik, in welcher Krise auch immer, weil politische Regelungen häufig zu Überbürokratisierung führen, zu Quotenregelungen, die dann wieder kontraproduktiv sind, weil es immer dann auch Mitnahmeeffekte gibt, die unerwünscht sind. Also ich bin generell kritisch gegenüber der Leistungsfähigkeit des Staates in der Wirtschaft. Warum sollen unkündbare Beamte den Markt besser einschätzen können als Unternehmer, die ihr eigenes Geld dafür riskieren? Ich bin auch ein Gegner von allen denkbaren Subventionen inklusive in der Filmförderung. Ich finde eine Mischung zwischen europäischen Vorgaben, um nicht das Wort Quoten zu verwenden, und steuerlichen Anreize für europäische Produktionen - das wäre das Mittel, um die europäische Medienwirtschaft zu stärken. Die europäische Wirtschaft muss gestärkt werden, aber vor allem durch eigene unternehmerische Leistungen, durch eigenes Risiko. Und dieses Risiko sollte die Politik honorieren durch steuerliche Privilegierung von Filmproduktionen und Fernsehproduktionen. Und vielleicht auch, um diese steuerlichen Incentives zu unterstützen. möglichst einfache Vorgaben zu schaffen, die möglichst wenig weitere Verordnungen und Bürokratie zur Folge haben. Sonst wird irgendwann mal ein kleiner Produzent hier mehr Text für die Beantragung von Subventionen oder Förderungen brauchen als für sein Drehbuch."
... ob die Streamingblase tatsächlich geplatzt sei?
„Zumindest teilweise. Es kann nicht jeder alles machen. Es gab ja sehr viele Aufträge, das war ja ein Segen für die deutsche und europäische Produktionswirtschaft. Auf einmal konnten hier Serien produziert werden, die von den Öffentlich-rechtlichen oder von privaten abgelehnt worden sind. Und dann haben die Produzenten neue Aufträge von den Streamern bekommen. Aber wie immer, wenn neue Märkte entstehen, gibt es eine gewisse Übertreibung und danach wieder eine Konsolidierung. Es werden wieder die Leistungsfähigsten und Innovativsten übrigbleiben.“
„Zumindest teilweise. Es kann nicht jeder alles machen. Es gab ja sehr viele Aufträge, das war ja ein Segen für die deutsche und europäische Produktionswirtschaft. Auf einmal konnten hier Serien produziert werden, die von den Öffentlich-rechtlichen oder von privaten abgelehnt worden sind. Und dann haben die Produzenten neue Aufträge von den Streamern bekommen. Aber wie immer, wenn neue Märkte entstehen, gibt es eine gewisse Übertreibung und danach wieder eine Konsolidierung. Es werden wieder die Leistungsfähigsten und Innovativsten übrigbleiben.“
(kurier.at, tem)
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