Das ROMY-Ticket als Willkommensgruß aus der Heimat

Premiere for the television series Nine Perfect Strangers in Beverly Hills
Lucas Englander spielte in „Nine Perfect Strangers“ an der Seite von Nicole Kidman. Die ROMY-Nominierung dafür kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der international erfolgreiche Wiener mehr in Österreich drehen will.

Dem heimischen TV-Publikum ist Lucas Englander vielleicht noch nicht aus Hauptrollen bekannt – aber in internationalen Streamingproduktionen hat der 32-jährige gebürtige Wiener von sich reden gemacht. Nach der Netflix-Serie „Transatlantic“ und Auftritten in „The Day of the Jackal“ (Sky) mit Eddie Redmayne hat er dieses Jahr seine bisher wichtigste Rolle gespielt: in der zweiten Staffel von „Nine Perfect Strangers“ an der Seite von Nicole Kidman, die als Guru gestressten Städtern kontrolliert psychedelische Drogen verabreicht.

Die Rolle des Pharmakologen Martin Siebmacher sei bisher seine Schwierigste gewesen. „Wenn ich es noch mal machen könnte, würde ich ihn viel näher an mir selbst spielen“, sagt Englander. „Weil es so lange gebraucht hat, um aus diesem Charakter wieder herauszukommen. Dieser harte Weg ist noch immer in mir drinnen. Aber es freut mich, dass ich für diese Arbeit für die ROMY nominiert sein darf.“

Sich fallen lassen

In einem früheren KURIER-Interview zu der Amazon-Prime-Serie erzählte Englander, dass er zur oscarprämierten Kollegin Kidman vor einer Szene gesagt habe, sie könne „sich absolut fallen lassen“. Über seine selbstbewusste Art sagt er: „Routine heißt nicht, dass man deswegen weniger nervös ist oder deswegen besser spielt. Ich glaube, diese Industrie kann einem Star das Gefühl geben, dass man alleine ist. Vor allem wenn man sehr bekannt ist, hat man vielleicht das Gefühl, dass man durch diese Bekanntheit betrachtet wird und nicht aufgrund von Kreativität. Ich will Kolleginnen vermitteln, dass es mir um Existenzialismus geht, um Kreativität, um die Frage, was wir ausdrücken wollen. Alle anderen Gründe sind oberflächlich.“

Das ROMY-Ticket als Willkommensgruß aus der Heimat

Dreh in Salzburg mit Nicole Kidman.

Im Rahmen der PR-Tour für „Nine Perfect Strangers“ besuchte er zwei Monate die USA (wo er in New York einst eine Schauspielschule besuchte). Die Reise sei „Hoffnung gebend“ gewesen, weil er das Gefühl hatte, „dass Dialog mehr Bedeutung bekommt. Es gingen sehr viele Leute auf die Straße, blieben aber bei den Protesten ruhig, um mit dieser Regierung diskutierend umzugehen. Viele haben aber bereits Angst, auf die Straße zu gehen. Ich habe auch mit Trump-Wählern gesprochen, die die Deportationen durch die ICE-Behörde gut finden. Auch denen ist wichtig, dass man sich mit Respekt gegenübersteht. Das finde ich interessant, weil ich glaube, dass wir einen Mittelweg finden müssen.“

Dialog

Der politisch ausgesprochen wache Künstler sieht den gesellschaftlichen Dialog als wichtiges Gut: „Man müsste VertreterInnen verschiedenster Gruppen zusammenbringen, um die Probleme zu diskutieren und Lösungen zu finden – und nicht die Probleme in anderen suchen.“ Und sei es „durch gemeinsames Gärtnern“, meint er – wo Menschen verschiedener Religionen im Kleinen kooperieren könnten. Er selbst gärtnert bei einer Kooperative auf dem Dach eines öffentlichen Gebäudes in Montreuil bei Paris, wo er derzeit lebt. „Ich habe das Gefühl, dass wir uns durch so eine Aktivität wieder mehr mit der Natur verbinden können – und die Natur gibt mir Hoffnung.“

Auf seinem USA-Trip habe er auch bemerkt, „dass jetzt der Punkt ist, an dem ich mehr Autorenfilme machen möchte. Ich möchte auch bei kommerziellen Produktionen demokratisches Gedankengut einbringen, weil Kommerz ja sehr schnell auch zu Hierarchien führt und zur Ausübung von Machtstrukturen, die nicht unbedingt gut sind für die Beschäftigten am Set.“ Irgendwann möchte er daher auch selbst als Regisseur in den Autorenfilm einsteigen. "Ich hoffe, dass ich da hinkommen werde", meint er. "Ich hoffe, dass ich zum einen den Mut habe, das einfach einmal zu tun - und zum anderen, dass ich mich mit Leuten umgebe, die mich darin fördern. Das ist auf jeden Fall einer der Wege, den ich gehen möchte."

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Widerstand gegen die Nazis: In der Netflix-Serie „Transatlantic“.

Krieg und Kreisky

Demnächst dreht der Schauspieler für den Film „The Girl with the Leica“ (Regie: Alina Marazzi) über Kriegsfotografin Gerda Taro, die gemeinsam mit Robert Capa die Gräuel im Spanischen Bürgerkrieg dokumentierte. Aber auch ein Dreh für ein kommerzielleres Projekt – eine europäische HBO-Miniserie – stehe bevor. 2026 kommt der österreichische Film „Bruno – Der junge Kreisky“ von Harald Sicheritz in die Kinos – mit Englander in einer „durchgehenden Nebenrolle“.

Die ROMY-Nominierung komme in einem Moment, „an dem ich mir mehr und mehr wünsche, in Österreich zu arbeiten“. Er sei auch „endglücklich, weil ich hoffentlich bald mit jemandem arbeiten darf, den ich unglaublich respektiere und dessen Erzählweise mich wahnsinnig berührt“. Mehr darf Englander hierzu noch nicht verraten.

Über seine Berücksichtigung in der Kategorie „beliebteste Schauspieler TV/Streaming“ sagt er: „Während ich ein Gefühl der Verbundenheit zu Österreich entwickle, kommt auch von hier etwas auf mich zu. Dass man mich so willkommen heißt, ist ein wirklich schönes Gefühl.“

Auch das Konzept Publikumsvoting interpretiert er mit Blick auf die Gala am 28. November in Kitzbühel - leicht schmunzelnd - als Dialog: „Am liebsten würde ich ja mit dem ROMY-Publikum und den anderen Nominierten diskutieren, damit man einander besser kennenlernt. Erst dann sollte man abstimmen.“

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