Er gehört zu den vielfältigsten Schauspielern Hollywoods. Dabei wurde er nach seinen ersten Rollen in kurzlebigen TV-Serien und in der Komödie "Animal House" nicht ernst genommen. Erst mit dem Drama "Diner" kam der Wendepunkt, und mit "Footloose" tanzte er sich zum Star. Seit eineinhalb Jahren dreht Kevin Bacon, 61, nun die Serie "City on a Hill" (in Österreich bei Sky Atlantic), in der er einen psychisch kaputten, manchmal korrupten Kriminalinspektor spielt.
KURIER: Ihre Darstellung in "City on a Hill" erinnert an alte Hollywoodklassiker und Sie selbst darin an James Cagney oder Humphrey Bogart. Ist das beabsichtigt?
Kevin Bacon: Ich verstehe diesen Mann, den ich spiele, Jackie, und das hat damit zu tun, dass ich diese Rolle nicht nur einmal in einem 2-Stundenfilm spiele, sondern über mehrere Staffeln. Das ist, was ich den Luxus des Fernsehens nenne – die Chance, viel länger in jemandes Schuhen zu stecken und ihn wirklich gut kennenzulernen. Ich habe jetzt das Gefühl, dass man mich in jede Situation hineinschreiben könnte, und ich wüsste sofort und instinktiv, wie Jackie sich verhalten würde.
Haben Sie durch die Serie etwas über Städtepolitik gelernt?
Interessant, dass Sie das ansprechen. Ich schaute mir vor kurzem einen sehr langen – ich glaube viereinhalb Stunden – Film namens "City Hall" an, der 2020 auf der Bestenliste war. Da geht es lustiger Weise auch um Boston. Der Film war sehr politisch, sehr trocken, aber ich fand ihn faszinierend. Mein Vater war der Leiter der Stadtplanungskommission in Philadelphia, wo ich aufgewachsen bin, und ich hatte als Kind schon einen Eindruck wie das abläuft. In "City on a Hill", das ja in den 1990ern spielt, kriegt man mit, wie sehr Resultate davon abhängen, wer wem einen Gefallen tut, wer wen kennt, und wer wen schmiert. Das ist typisch für Boston, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es in anderen Städten nicht ähnlich abläuft.
Wo beginnt Ihrer Meinung nach Korruption?
Dieses Wort wurde in der letzten Zeit wieder sehr oft gebraucht, nicht wahr? Und zwar weltweit, weil Korruption sehr weit verbreitet ist. Die Wurzel von Korruption ist Gier. In den USA gibt es immer diese Diskussionen, ob es besser für die Wirtschaft ist, die Armen zu unterstützen oder die Reichen reicher zu machen, damit das Geld dann nach unten sickert. Die Gier wird dabei völlig übersehen. Kein Reicher will Geld an Andere weitergeben. In Amerika ist Gier zügellos. Und daher auch Korruption.
Wie gehen Sie mit dem Druck um, eine Person zu sein, die in der Öffentlichkeit steht?
Ich habe diese Leben gewählt, wenn ich also Druck empfinde, kann ich mir also nur selbst die Schuld geben. Will ich noch weiterkommen? Ja. Will ich Dinge machen, die ich noch nicht gemacht habe, Rollen spielen, die keinen anderen ähneln? Absolut. Schaue ich mir die Einschaltquoten, die Kasseneinnahmen und die Kritiken an? Leider ja. Wenn das Druck erzeugt, dann kann ich nichts dagegen tun. Aber ich habe eine Balance im Leben, ich habe eine Familie, Haustiere und ein richtiges Leben. Und das relativiert den Druck.
Ihre Frau Kyra Sedgewick ist ja auch Schauspielerin. Fragen Sie einander um Rat, bevor Sie ein Projekt annehmen?
Ja, wir machen eigentlich nichts, ohne miteinander darüber zu reden. Das meine ich jetzt nicht nur inhaltlich, sondern auch logistisch. Wir sprechen uns ab, wer wo und wie lange dreht, wie oft wir uns sehen können. Inhaltlich sagen wir einander natürlich, was wir von einem Drehbuch halten, aber das heißt nicht immer, dass sie meinen Rat annimmt oder ich ihren. Man muss in Partnerschaften auch die Wahl des anderen respektieren.
Hatten Sie Vorbilder?
Ich wollte immer ein New Yorker Theaterschauspieler sein, der dann ein paar ausgewählte Filme macht. Meine Vorbilder waren Robert DeNiro, Meryl Streep, Al Pacino und John Cazale, ein wunderbarer Theaterdarsteller, der dazwischen Filme machte.
Waren Sie unglücklich über die Rollen, die Ihnen die Studios als junger Schauspieler anboten?
Ja, und ich habe mich auch immer wieder gewehrt. Ich hatte immer eine Hassliebe mit Hollywood, dem Studiosystem und den Leuten, die außer Hollywood und sich selbst nichts sehen. Ich meine, als "Footlose" herauskam, kreierte das Studio dieses Image des Teenageridols für mich. Problem war nur, ich war damals schon 24, 25 und das war das Letzte, was ich wollte. Ich ließ mich auch nur auf einen ein: als sie mir "Quicksilver" gaben war es, weil sie mehr oder weniger "Footloose" am Fahrrad haben wollten. Das war mir klar. Denn die boten mir einen Film nach dem anderen an, indem ich praktisch dieselbe Rolle spielen sollte. Ich lehnte das alles ab, was von einem geschäftlichen Standpunkt vielleicht nicht sehr clever war. Aber von einem künstlerischen war es mir wichtig. Und ich kann nicht bereuen, dass ich deshalb weniger verdient habe. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich interessante Parts spielen kann, auf die ich wirklich stolz bin.
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