Gery Seidl über neue Show: "Wegschmeißen hat etwas Reinigendes“

Befreiendes Entrümpeln als Show: Kabarettist Seidl nach drei Jahren Pause wieder im Puls4-Studio
Gery Seidl über seine neue Puls4-Comedyshow „Brauch ma des?“, in der er und seine Gäste besprechen, welche Dinge man loswerden könnte und welche unerlässlich sind.

„Zweite Kassa!“ – Soll man diese Rufe im Supermarkt unter niederschwellige Zivilcourage einordnen oder unter unnötige Raunzerei? Braucht man sie oder nicht?

Fragen wie diese stellt Kabarettist Gery Seidl ab Montag (21.20 Uhr) in der neuen Puls4-Show „Brauch ma des?“ und bespricht sie mit prominenten Gästen, einer Art Entrümpelungskomitee.

Seidl erklärt das Konzept: „Einer bringt das Thema mit und die drei anderen entscheiden: Bleibt's in Österreich oder schmeißen wir es in eine Kiste fürs Taka-Tuka-Land oder wohin auch immer? Und das geht wirklich vom Kreisverkehr bis zum Nehammer.“

Halt. Über die Performance von Politikern wird auch entschieden? Seidl: „Ich würde ihn bringen. Also zumindest die Frage stellen. Wenn dann am Ende rauskommt: Nein, um Gottes Willen, Nehammer ist das Beste, was Österreich je passiert ist, dann soll es mir auch recht sein, das ist eigentlich gelebte Demokratie.“

Es geht aber auch um unverfängliche Dinge: Horoskope, Selfie-Sticks, Popcorn im Kino. Seidl: „Der Selfie-Stick ist jetzt nichts, was den Staatsvertrag umschreibt, aber es ist ein großes Thema, weil sonst gäbe es das Klumpert ja nicht. Ich brauche ihn zwingend nicht. Aber es soll welche geben, die sagen: Das ist großartig! Na dann lassen wir's im Land, aber wir haben einmal darüber geredet. Und jede Meinung zählt.“

Ernste Momente

„Es sind auch sehr viele ernste Momente dabei, wenn es ins Politische geht“, erzählt Seidl. „Zum Beispiel das Thema Schulnoten. Das kann man nicht so einfach mit Ja oder Nein beantworten.“

„Brauch ma des?“ sei ein Unterhaltungsformat, „das aber auch Unterhaltung mit Haltung zulassen kann“, meint er. „Den Hunger in der Welt könnten wir bekämpfen, das hat aber wenig Breitenwirkung, weil es nicht Thema ist. Aber wir können es hier zum Thema machen. Und das finde ich schön. Danach sind wir aber wieder zurück beim Blödeln.“

In der Auftaktfolge sind Kicker-Legende Toni Polster, Schauspieler Stefano Bernardin und Kabarettistin Lydia Prenner-Kasper am Werk. Die Gäste und Seidl haben je einen symbolhaften Gegenstand mitgebracht, der für ein Thema steht. Dieser wird über ein Förderband hereingefahren und von Seidl per Joystick – je nach Abstimmungsergebnis – in einen Pappkarton verfrachtet oder zurück ins Land befördert.

„Das Wegschmeißen per se hat etwas Reinigendes“, sagt Seidl, „weil die große Kunst im Leben ist, draufzukommen, was man nicht mehr braucht.“

Ordnung

Die Coronazeit habe ihm – der sich als ordnungsliebend bezeichnet – dazu Gelegenheit gegeben. „Weil ich Zeit hatte, durch die Garage zu gehen. Also Sachen, die ich drei Jahre nicht angegriffen habe, gebe ich weg.“ Er betreibe das nicht als Ausmisten – eher als Umverteilung.

Auch im Land würden sich „tausend Sachen und Meinungen“ anhäufen, meint Seidl. „Wir können auch die Wut aus Österreich raushauen. Alles, was wir nicht mehr brauchen und ohne dem wir trotzdem glücklich leben können, macht unser Leben reicher.“

Gery Seidl über neue Show: "Wegschmeißen hat etwas Reinigendes“

Während unseres Telefoninterviews hört man einen Mann im Off, der Seidl fragt: „Gehören Sie da her?“ Seidl verneint kurz, sagt dann mit einem Schmunzeln: „Sehen Sie, man braucht diese Formulierungen, ob man etwas braucht, öfter als man glaubt.“

Ein Ziel der Show sei, „wirklich zu sagen, dass manche Dinge einfach notwendig und wichtig sind. Also die Wespe braucht es, auch die Rinderbremse hat in der Nahrungskette ihre Funktion, wenngleich sie mir fürchterlich auf den Senkel geht.“ Das Wissenschaftliche solle in der Show auch Fuß fassen, erklärt Seidl. „Wenn wir etwas wegbringen wollen, versuchen wir schon, das zu belegen. Es ist zwar kein Wissenschaftsmagazin, aber wenn sich Forscher melden und sagen: Moment, ihr habt’s ja keine Ahnung, was Wespen alles bewirken können, dann würd ich sie gern in die Sendung einladen. Das wäre meine größte Freud'.“

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