Wenn Christopher Nolan uns mit „Oppenheimer“ gelehrt hat, wie es zur Bombe kam, dann zeigt uns dessen Bruder Jonathan Nolan jetzt, wie die Welt aussieht, nachdem die Bombe gezündet wurde. Allerdings wird in „Fallout“ ein fiktives Szenario gezeichnet, so wie es seit 1997 Millionen Fans der gleichnamigen Videospielserie kennengelernt haben. Eines vorweg: Man muss kein Gaming-Experte sein, um in diese Serie hineinzukippen.
Es geht los am 23. Oktober 2077. Oder besser: Hier endet die Welt, so wie man sie gekannt hatte. Es ist der Tag des Großen Krieges, ein Atomkrieg zwischen den beiden Supermächten USA und China. Ein geringer Teil der Menschheit zog sich in sogenannte Vaults zurück, abgeschirmt von der Strahlung, bildeten sich hier einzelne kleinteilige Gesellschaften. Technologisch wurde manches weiterentwickelt, kulturell blieb man in der Zeit der 1950er stecken. Diesen spezifischen Witz der Fallout-Spiele, der Gelegenheit bietet, die Nukleargläubigkeit der damaligen Zeit zu persiflieren, nützt Autor und Regisseur Nolan mit besonderer Vorliebe. So wird etwa zu Schlager- und Countrymusik in Zeitlupe Blut und Beuschel verspritzt, was die extreme Gewalt zumindest in einer Szene stark verfremdet und halbwegs erträglich macht.
219 Jahre nach dem Großen Krieg
Die erwähnte Gewaltorgie spielt sich in Folge 1 ab – 219 Jahre nach dem Großen Krieg. Eine arrangierte Hochzeit zwischen einem Mann aus Vault 32 und einer Frau aus Vault 33 führte nicht zur Verbreitung von Glück und Kindersegen, sondern eben ins Desaster. Der Bräutigam stammte nämlich gar nicht aus Vault 32, sondern hatte, gemeinsam mit anderen, aus der verstrahlten und verrohten Außenwelt in die heile Innenwelt gefunden. Eine Innenwelt, in der es noch die Limonade „Nuka-Cola“ gibt.
Lucy (Ella Purnell), ist nun die Braut, die sich traut, hinauszugehen, um ihren Vater (Kyle MacLachlan) zu suchen. Dieser wurde nämlich von den Böslingen entführt. Dort werden in den weiteren Folgen mehrere Handlungsstränge zusammenlaufen. So etwa jener von Maximus (Aaron Moten), der in der Stählernen Bruderschaft, einer Art militärischem Ritterorden, aufsteigen möchte und als Knappe einem der mit einem T-60-Stahlpanzer ausgestatteten Krieger folgen darf. Sie suchen „Die Zielperson“, einen in Ungnade gefallenen Wissenschaftler.
Untoter als Kopfgeldjäger
Dritte Hauptperson ist „The Ghoul“ (Walton Goggins) – ein Spätwesternheld im wahrsten Sinne des Wortes. Nach dem Atomkrieg ist er mutiert und streift als untoter Kopfgeldjäger umher. Am Tag des Großen Krieges sieht man ihn als Unterhalter auf einem Kindergeburtstag. Cooper Howard, ein Cowboy-Darsteller, erklärt dort einem Kind: Wenn man den Daumen vor sich hält und der Atompilz kleiner erscheint als der Daumen, so lohne es sich noch, davonzulaufen.
Bei „Fallout“ lohnt es sich jedenfalls, dranzubleiben. Die Serie verbindet knallharte Action mit fantasievollem Humor und versprüht dabei auch antiquiertes Sci-Fi-Feeling a la „Star Wars“. Mit einer gnadenlos überzeugenden Optik wird die Postapokalypse - nicht nur durch die kostspieligen Spezialeffekte - famos eingefangen.
Jonathan „Jonah“ Nolan: Der britische Drehbuchautor und Regisseur ist der Bruder von "Oppenheimer"-Regisseur Christopher Nolan und hat auch an einigen seiner Filme mitgewirkt ("Memento", "Interstellar"). Er hatte die Ideen zu den TV-Serien "Person of Interest" und "Westworld". An letzterer arbeitete er gemeinsam mit seiner Frau Lisa Joy, ebenso wie nun an "Fallout".
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