ORF-Elefantenrunde: "Und wer gewinnt Roland Garros?"
*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*
Die ORF-Elefantenrunde begann mit den aktuellen Starkregenereignissen, vor allem in Süddeutschland, aber auch in Österreich. Einer der ORF-Diskussionsleiter, Tobias Pötzelsberger, verband dies mit der europäischen Diskussion um das Renatuierungsgesetz. Die Maßnahmen, wie etwa natürlichere Flußläufe, könnten dafür sorgen, dass die Böden wieder mehr Wasser aufnehmen können. Raffaela Schaidreiter setzte nach: Wie Harald Vilimsky und die FPÖ denn die Klimakatastrophe aufhalten wollten, wenn man gegen den „Green Deal“ der EU sei?
Wahrscheinlich hätte es jedes andere Thema sein können, das zu Beginn aufs Tapet gelegt wird - aber Vilimsky begann sicherheitshalber einmal mit Kritik am Gastgeber ORF. Das Klimathema sei vielleicht für den ORF „prioritär“, für ihn gehe es aber darum, Wohlstand in Europa zu sichern, „den Krieg an unseren Toren schleunigst zu beenden“ und „den Menschen wieder eine Zukunft geben“.
Wer von den Anwesenden wohl irgendwas gegen diese Punkte hätte?
Jedenfalls brauche man für den Umweltschutz keine Vorgaben aus Brüssel, sagte Vilimsky. Die EU solle sich lieber darum kümmern, „die illegalen Migrationshorden abzuhalten“.
Vilimsky hat also schon zu Beginn sämtliche Punkte untergebracht, die er unterbringen wollte. Wer glaubt, dass die Schlagworte danach noch mit der Nennung konkreter Maßnahmen ausgekleidet wurden, liegt falsch. Dies betraf allerdings die gesamte Diskussionsrunde.
ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka nannte ein Projekt am Rhein, bei rund eine Milliarde Euro in Denaturierung gesteckt werde. Er setzt Vertrauen in die Landeshauptleute von Wallner (VP) bis Doskozil (SP). Er selbst sei seit vierzig Jahren beim Naturschutzbund.
Na allerweil.
Dort kümmere man sich sehr wohl um Schmetterlingswiesen, aber dass die Landwirte nun „Schmetterlingszählungen“ vornehmen müssten, wolle er nicht. Es gebe zu viele EU-Gesetze dazu. „Irgendwann ist Schluss mit der Regulierung.“
Einen Schlusspunkt für Flussregulierungen will Lopatka aber offensichtlich nicht.
Lena Schilling (Grüne) kritisierte hingegen "faule Ausreden“, mit denen solche „wichtigen Gesetze nach hinten verschoben“ würden bzw. Für nicht notwendig erklärt würden. Mit Freiwilligkeit gehe es nicht. Die ÖVP sei länger in der Regierung als sie auf der Welt sei. „Wir leben im größten Artensterben seit der Dinosaurierzeit“.
Bei diesem Stichwort meldete sich Lopatka zu Wort: „Wir tun ja schon so viel.“ Er sah hier einen Widerspruch in der Argumentation, erinnerte an die grüne Klimaministerin Gewessler, die sage, keine Regierung habe so viel gemacht.
„Trotz der ÖVP, nicht wegen der ÖVP“, entgegnete Schilling.
Andreas Schieder verneinte den Vorwurf eines Doppelspiels der SPÖ, weil rote Landeshauptleute sich zögerlich bei der Zustimmung zeigten. Man stehe ganz klar zum Renaturierungsgesetz. Man sehe ja, „dass die Alpen bereits de facto zerbröseln“. Er warf wiederum den Grünen vor, sich beim Klimaschutzgesetz nicht durchgesetzt zu haben.
Helmut Brandstätter von den liberalen Neos plädierte ebenfalls für Eingriffe seitens der EU: „Wir müssen etwas machen“. Zudem kritisierte auch er die Bundesregierung für das Fehlen eines Klimaschutzgesetzes.
Er griff, ganz ehemaliger Fernsehmacher, auf den nächsten Themenblock - die Zukunft des Verbrenners - vor. Die ÖVP setze sich mit einem Autogipfel für eine antiquierte Technik des 19. Jahrhunderts ein.
Vilimsky sah sich „im falschen Film“, es sei eine „völlig verfehlte“ Themensetzung, hier über „Moore und Schmetterlinge“ zu diskutieren. Es fallen erstmalig Stichworte wie „gigantische Teuerung“ (daran sollen die EU-Sanktionen Schuld sein, wird er später sagen) und „Messerstiche“. „Und der ORF hilft Ihnen dabei … und apportiert dieses Thema.“ Er fühle sich wie in „einer netten Plauderrunde“.
Pötzelsberger bat um „guten Stil“, man habe zwei Stunden Sendezeit.
Vilimsky tat sich nun als Medienexperte hervor: „Aber jetzt geht die Seherkurve so nach unten.“ Er wolle auch darüber reden, warum die Zweier-Konfrontationen auf ORFIII „versteckt“ wurden.
Es folgte in den zwei Stunden ein erneutes Abstecken der Positionen der fünf Spitzenkandidaten ohne große Überraschungen. Lopatka erwärmte sich erneut für Verbrennungsmotoren und Europäsche Sicherheitspolitik im Einklang mit der NATO, Schieder für Neutralität, Ökologie und Wirtschaft - mit dem sattsam bekannten Slogan „Europe first statt Made in China“. Vilimsky kritisierte vehement die Ukraine- und Asylpolitik in der EU. Schilling warnte weiter vor der Klimakrise, will aber auch die Verteidigungskraft Österreichs verstärken - mit gemeinsamer Waffenbeschaffung -, unter Aufrechterhaltung der Neutralität. Des Weiteren sprach sie von der „Vision“ eines Europa mit mehr Bürgerbeteiligung. Brandstätter plädierte für die Vereinigten Staaten von Europa und eine EU-Berufsarmee.
Die Chat-Affäre von Schilling wurde nur am Ende gestreift. Sie habe sich für die Grünen entschieden, weil man mit ihnen „glaubwürdige Klimapolitik“ betreiben könne, stehe für eine „Politik mit Herz“. Man habe sich darauf geeinigt: „Wir treten an und ziehen das durch.“
"Das ist ungeheuerlich"
Für besonderen Unmut sorgte Vilimsky dann noch mit der Aussage zum Ukrainekrieg: „Niemand außer mir und der freiheitlichen Partei interessiert sich dafür, endlich dieses Sterben zu beenden.“
„Das ist ungeheuerlich, was Sie sagen“, antwortete Lopatka. „Das ist wirklich eine Frechheit“, sagte Schieder im Stimmengewirr. Brandstätter urteilte: "Das ist pure russische Propaganda." Als der Neos-Kandidat dann weiter über mutmaßliche Verbindungen der FPÖ nach Russland spricht, fragt Vilimsky Brandstätter, ob er medizinische Hilfe brauche.
Vilimsky verstieg sich auch dazu, Schieder als „Österreich-Beschmutzer“ zu bezeichnen, weil er auf mögliche Geldflüsse zwischen Russland und rechten Parteien hinwies. Weder Schieder noch Moderation schritten hier ein.
Migrationsthema
Eine kreative Auslegung des Migrationsbegriffs legte Vilimsky beim Leibthema der FPÖ an den Tag. Es handle sich nicht um Migration, wenn Menschen aus Afrika und dem arabischen Raum nach Europa drängen würden, ohne einen Antrag zu stellen. "Da kommen junge Männer mit einem Invasorencharakter."
Schieder verwies auf Orbán und Ungarn, das einfach alle Migranten ohne Registrierung durchwinke. dem ehemaligen Innenminister Kickl warf der SPÖ-Spitzenkandidat vor, keine Islamisten, sondern lediglich Schulkinder abgeschoben zu haben. "Sie sind der oberste Islamistenvertreter", fällt Vilimsky dazu ein.
Lopatka rief dazu auf, "einzugestehen, dass wir hier ein riesiges Problem haben." Aber das hatte davor sogar Schilling getan. "Ja, es gibt ein Problem", hatte sie gesagt. Sie sprach von "ganz, ganz groben Versäumnissen" bei der Integration. Wenn Menschen die hier geltenden Werte nicht teilen oder Frauen nicht als gleichwertig ansehen, "das geht nicht." Sie stehe aber nach wie vor hinter dem Grundsatz, Hilfe zu leisten. Vilimsky ist hier kurz einer Meinung und sagt: "Schutz und Hilfe für Menschen die das brauchen? Ja selbstverständlich." Derzeit beobachte er aber eine "interkontinentale Völkerwanderung".
Plauderei
Bei der abschließenden Plauderei über Prognosen für die bevorstehende Fußball-EM in Deutschland zeigte sich Vilimsky weniger engagiert, während alle anderen Österreich die Daumen drückten bzw. Auf einen EM-Titel hofften.
Schaidreiter sprach von qualifizierten Infos, dass es Frankreich werde, Pötzelsberger meinte, er kenne sich eher beim Tennis aus.
„Und wer gewinnt Roland Garros?“, fragte Brandstätter.
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