Bayerischer Fernsehriese mit großen Plänen

INTERVIEW: HENCKEL VON DONNERSMARCK
BR-Fernseh-Direktor Reinhard Scolik über Oscar-Hoffnungen, junge Serien und Seher, Humor und Politik.

Der Blick nach vorne ist auf den 25. Februar gerichtet: Oscar-Verleihung im Dolby Theatre in Los Angeles. „Die beiden Nominierungen für ,Werk ohne Autor’ sind für uns die Krönung des letzten Programm-Jahres“, sagt Reinhard Scolik. Florian Henckel von Donnersmarcks Streifen hat heuer Chancen auf Academy Awards als Bester ausländischer Film sowie bei Beste Kamera (Caleb Deschanel).

Für Scolik ist das kein Zufall. „Wir investieren viel in die kreative Landschaft und den Nachwuchs in Bayern. Henckel von Donnersmarck aber auch ein Marcus H. Rosenmüller oder Mareille Klein sind Regisseure, die der BR von ihren Anfängen an begleitet hat.“ Eng ist die Kooperation mit der Filmhochschule – muss sie auch sein im Konkurrenzkampf um Stoffe und Talente in München, wie der Österreicher einräumt.

Fokussierung

Bayerischer Fernsehriese mit großen Plänen

BR-Fernseh-Direktor Reinhard Scolik

Seit knapp drei Jahren ist der langjährige ORF-Mann Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks. Zu Scoliks Aufgabenbereich beim BR Fernsehen zählt, salopp formuliert, alles außer Information und Sport. Obwohl Fernsehdirektor, ist er bei Bildung, Kultur und Religion auch für Online und Radio zuständig. Dazu kommen das Digital-Radio BR Heimat, der TV-Bildungskanal ARD-alpha, die neue BR Mediathek und innerhalb der ARD die 3sat-Koordination.

„Ein Schwerpunkt sowohl fürs eigene Programm als auch für die Zulieferungen an Das Erste liegt auf Film und Serie, weil wir meinen, dass uns das besonders liegt.“ Das Spektrum ist hier bunt (siehe Übersicht am Ende).

„Ein besonderer Fokus liegt auf der jungen Serie – wir wollen zeigen, dass das auch Öffentlich-Rechtliche können“, erklärt Scolik. Beispiele sind das mit der ROMY ausgezeichnete „Hindafing“, „Das Institut“ mit Robert Stadlober oder „Servus Baby“. Was dabei aufhorchen lässt: „Diese Programme produzieren wir vor allem für unsere Mediathek, die zur Streaming-Plattform werden soll. Natürlich senden wir das auch im klassischen Fernsehen. Aber wir wollen das junge Publikum dort abholen, wo es ist: online.“ Bedenken, dass man sich so selbst kannibalisiert, „haben wir nicht. Es gilt grundsätzlich: Web first“, erklärt der 60-Jährige. Und es gebe keine Anzeichen dafür, dass das der linearen Ausstrahlung schade.

Bayerischer Fernsehriese mit großen Plänen

Top-Abrufzahl auf der BR-Mediathek hat die junge Serie "Seruvs Baby"

Kabarettszene

Weitere Schwerpunkte sind Dokumentationen und Kabarett. „Die Szene ist hier groß und vielfältig. Natürlich werden im Kabarett Grenzen ausgelotet, aber es hat hier eine große Tradition, und das wird von der Politik ausgehalten.“ Übrigens war die „Fastnacht in Franken“, die Übertragung der Fastnachtsitzung in Veitshöchheim, auch im Vorjahr die reichweitenstärkste BR-Sendung – auch bei jungen Sehern.

Trotz Fußball-WM und Olympischen Spielen konnte der BR seine Quoten 2018 insgesamt stabil halten und rückte damit auf Platz zwei der Dritten Programme vor.

Alles eitel Wonne also. Nur an einem entscheidenden Punkt nicht: In Deutschland tobt eine Diskussion um die Höhe der Rundfunkgebühr. „Unser Problem ist, dass wir mit dieser Beitrags-Höhe (monatlich 17,50 Euro, Anm.), die viele Jahre eingefroren war, nicht mehr das Auslangen finden.“ Nun müssten sich 16 Bundesländer auf eine Erhöhung einigen. „Es geht für uns um eine gesicherte Finanzierung.“

Der ORF ist für Scolik nur ein Thema bei Co-Produktionen. „Das sind häufig Stoffe, die deutschlandweit reüssieren.“ Personalspekulationen beschäftigen ihn nicht. „Ich habe hier in München ein so weites Betätigungsfeld, das mich fordert und mir sehr viel Freude bereitet. Darüber hinaus lässt es sich hier in München sehr angenehm leben."

Detektiv Ostrowski und Literatur-Papst Gottschalk

Bayerischer Fernsehriese mit großen Plänen

Michael Ostrowski gibt sich in Passau zwíelichtig

Schöne Programm-Aussichten. Der Bayerische Rundfunk produziert nicht nur Programm für sich sondern liefert auch an Das Erste. Entsprechend vielfältig ist das Programm-Aufkommen. Am kommenden Montag präsentiert man etwa mit „Gottschalk liest?“ ein neues Fernseh-Literatur-Format. Vier Mal im Jahr wird der Entertainer aus bayerischen Regionen vor Publikum mit Gästen über deren Neuerscheinungen und andere Kulturthemen sprechen.

Eben erst fixiert: Michael Ostrowski wird als Privatdetektiv im neuen „Passau-Krimi“ sozusagen Kollege von Verena Altenberger, die ab Herbst ebenfalls für den BR den „Polizeiruf 110“ drehen wird.

Mit „Kirschblüten – Hanami“ gelang Doris Dörrie einer ihrer größten Kino-Erfolge. Die Fortsetzung „Kirschblüten & Dämonen“ startet am 8. März in den Kinos. Bei der Berlinale präsentiert wird der Zweiteiler „Brecht“ von Heinrich Breloer mit u. a. Adele Neuhauser.

Demnächst starten die Dreharbeiten zur zweiten Staffel von „Hindafing“ mit Maximilian Brückner. Auch der Online-Hit „Servus Baby“ wird fortgesetzt.

Mit „Leberkäsjunkie“ geht im Sommer der inzwischen sechste Eberhofer-Krimi nach Rita Falk in den Kinos an den Start. Wieder mit dabei ist das beliebten Trio Sebastian Bezzel, Lisa Maria Potthoff und der Österreicher Simon Schwarz.

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