Der Science-Fiction-Kultautor Philip K. Dick (er schrieb die Vorlage von „Blade Runner“) wusste es schon 1977. Die ersten Sekunden der Arte-Doku „Matrix Generation“ zeigen ihn bei einem Vortrag, in dem er postuliert: „Wir leben in einer computerprogrammierten Realität und man merkt das immer nur, wenn sich eine Variable ändert.“ Wer den Film „Matrix“ gesehen hat, der weiß genau, was Dick meint: den „Fehler in der Matrix“.
Wahrscheinlich kannten die Wachowski-Schwestern (die damals noch Brüder waren) diesen Auftritt. Man wird es aber nie genau wissen. Denn die Regisseurinnen sind nicht sehr großzügig mit Erklärungen ihrer weltberühmten Reihe. Vielleicht wurde auch deshalb immer viel in die „Matrix“-Filme hineininterpretiert. Diese Dokumentation schafft einen interessanten Überblick und zeigt außerdem, wie viel und welchen Einfluss die Geschichte, die 1999 den Zeitgeist traf wie kaum etwas, auf die kommenden Jahre hatte.
Im Kaninchenloch
In „Matrix“ will eine Gruppe Widerstandskämpfer dagegen vorgehen, dass die Menschen von Maschinen zur Energieerzeugung genutzt werden – um die Menschheit davon abzulenken, wird ihr eine computeranimierte Heile Welt vorgegaukelt. Es gibt eine Fülle an Anspielungen, Zitaten und Verweisen auf die verschiedensten kulturellen Einflüsse – von Neo (Keanu Reeves), dem Sci-Fi-Messias,über Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ zum Hongkong-Actionkino eines John Wu (Zeitlupe-Schießereien).
Aber „Matrix“ hat auch sein eigenes Universum erschaffen, aus dem sich Kultur und Gesellschaft nach mehr als 20 Jahren immer noch bedienen. Die Wahl zwischen der blauen (alles bleibt für Neo wie gehabt in seiner Illusionswelt) und der roten Pille (er erfährt die Wahrheit über alles) ist zum Synonym für eine Suche nach der Unterscheidbarkeit von Wahr und Falsch geworden – genutzt sowohl von ernsthaft Suchenden als auch von Verschwörungstheoretikern. Kurioserweise, so erfährt man in der Doku, ist die rote Pille nun im Gebrauch von sogenannten Männerrechtlern, die meinen, dass Männer eigentlich das unterdrückte Geschlecht sind.
Rätselhafter Keanu Reeves
Schon nach 9/11 wurde der Film als Fundgrube für hellsichtige Hinweise hergenommen. So war das Ablaufdatum auf Neos Reisepass der 11. September 2001. Bei einer (politischen?) Vereinnahmung des Motivs wurde es selbst der so zurückhaltenden Lilly Wachowski zu bunt. Als Elon Musk auf Twitter kryptisch aufforderte. „Take the red pill“ und Trump-Tochter Ivanka folgsam antwortete: „Taken“, richtete die Regisseurin beiden aus, sich in den Rettich zu hauen, nur nicht so vornehm.
Als Ergänzung empfiehlt sich die Doku „Keanu Reeves – der Rätselhafte“, auch in der Arte Mediathek. Man lernt nicht nur viel über die Stehaufmännchenqualitäten des Schauspielers, sondern auch über seinen Status als bescheidener Samariter.
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