Die Auslastung stieg in der Burg seit Saisonbeginn gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um zwei auf 84 Prozent. Das Akademietheater kommt sogar auf 86,4 Prozent, das Kasino am Schwarzenbergplatz, nun als „Europa-Maschine“ der Ort des Diskurses, drückt mit 69,2 Prozent jedoch ein wenig den Schnitt. „Das braucht noch Support und Marketing“, sagt der neue Herr Direktor. Insgesamt aber habe sein Team „eine Super-Performance“ hingelegt.
Und so soll es auch weitergehen. Am 28. November wird sich der „Chef“ mit Heinrich von Kleists „Die Hermannsschlacht“, seiner ersten neuen Inszenierung fürs Burgtheater, vorstellen. Auf dieser Produktion liege daher, sagt Kušej, ein großer Druck. Aber er sei bereits mehr oder weniger fertig.
Kleist schrieb dieses kontroversiell diskutierte Stück 1808 – nach der Niederlage gegen Frankreich. Hermann, der Fürst der Cherusker, mobilisiert im Jahr 9 n. Chr. die Nachbarländer zum Kampf gegen den römischen Feind. Es gelingt ihm, den Gegner in den Teutoburger Wald zu locken, wo dieser vernichtend geschlagen wird.
In der NS-Zeit sei Hermann „als Stichwortgeber für den nationalsozialistischen Aufruf zum Totalen Krieg“ erschienen, so Kušej. Claus Peymann habe 1982 in seiner legendären Bochumer Inszenierung (die 1986 an die Burg übernommen wurde) Hermann hingegen zum Freiheitskämpfer stilisiert. Dies sei aber nur möglich gewesen, weil Peymann trickreich Szenen ausgelassen habe, wie Markus Scheumann, der nun den Fürsten spielt, beim Pressegespräch am Freitag erklärte.
Kušej, der sich selbst als „Trüffelschwein“ bezeichnete, kam zu anderen Schlüssen. Auch er benutze „Die Hermannsschlacht“ – für eine aktuelle politische Positionierung des Burgtheaters. Aber er habe Hochachtung vor Kleist und „nur zwei Halbsätze“ gestrichen.
Er sieht in Hermann einen Vorläufer jener Politiker, „die es meisterlich verstehen, sich mit den Mitteln der Manipulation, der Lüge und des nationalistischen Populismus in die höchsten Ämter der Macht zu setzen“. Die Mittel, die der Fürst einsetzt, seien „mindestens so tyrannisch wie jene der Tyrannen. Und Hermann sei viel schlimmer als die Macht, von der er sich befreien will. In diesem Stück über eine Männergesellschaft (mit Bibiana Beglau als Thusnelda und Sabine Haupt) gebe es „zwei der grausamsten Szenen der Theaterliteratur“. Bei Kušej ist der Hermann daher sicher eines nicht: eine Identifikationsfigur.
Kommentare