Marsalis und Calderazzo begeisterten das Publikum
Der neben Wynton – mit Verlaub – musikalisch interessantere Musiker der Marsalis-Brüder war Freitag im Wiener Konzerthaus: Der so erfrischend experimentierfreudige Branford Marsalis, einer der vielseitigsten Saxofonisten der Gegenwart, und der Pianist Joey Calderazzo sind ein großartiges Duo, das seit 15 Jahren zusammenspielt.
Diesmal live unplugged.
„One Way“ als Einstieg vom aktuellen Album „Songs of Mirth and Melancholy“ (Universal) ist hörbar in New Orleans zu Hause. „The Big Easy“ war für Marsalis Humus, musikalische Spielwiese und strenge Schule.
Aber schon „Valse Kendall“ führt akustisch ins Alte Europa und über ein Dreamland zu einer Art Soundtrack für ein Nowhereland – zupackend oder leicht orientalisch, swingend oder als Ballade im Dreivierteltakt.
Bezaubernd
Wobei die Melodien wie von allein dahinfließen. Da ist nichts Künstliches und Überflüssiges im Ausdruck.
Dieser samtweiche, tragfähige Ton, diese unverwechselbare Saxofonstimme mit der immer wieder überraschenden Artikulation ist unglaublich geradlinig und klingt sehr modern. Dabei würde man Anklänge an die europäische Klassik bei einem Musiker afroamerikanischer Provenienz nicht unbedingt erwarten. Aber u.a. von Brahms hat Marsalis gelernt:
„Die Harmonien sind sekundär. Die Melodie ist das wichtigste. Wenn man Songs mit starken Melodien hat, hat man schon halb gewonnen.“
Songs mit starken Melodien wollte das Duo, „damit unser Klang auch eine emotionale Wirkung hat. Bei Brahms sind die fröhlichen Lieder sehr fröhlich, die melancholischen sehr melancholisch, die schönen sehr schön. So muss es sein.“ Und so ist es bei Marsalis und Calderazzo.
KURIER-Wertung: ***** von *****
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