Mark Twain: Sein Tod ist schwer übertrieben

Im letzten Teil der 100 Jahre geheim gehaltenen Autobiografie knöpft er sich den US-Präsidenten vor.

Mark Twain war 74, als er seine autobiografischen Schriften beendete. Zeitungen berichteten damals, er liege im Sterben – aber: "In meinem Alter würde ich so etwas niemals wagen!" (notiert zu Heiligabend 1909)

Es wurde ja sogar einmal behauptet, er sei gestorben.

Aber – "Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben."

Das ist auch der Titel der abschließenden "Letzten Geheimnisse", und man kann durchaus sagen: Selbst Twains Tod ist schwer übertrieben.

Aktuell

Denn der Schöpfer von "Huckleberry Finn" (Hemingway meinte, die gesamte amerikanische Literatur stamme von diesem Buch ab) ist präsent:

Zum dritten und letzten Mal ist ein Teil seiner Autobiografie erschienen. Twain hatte verfügt, erst 100 Jahre nach ihm dürfen die drei Laufmeter Zettelwirtschaft gesichtet und veröffentlicht werden.

Mark Twain – Zeitzeuge, Sozialkritiker, Humorist, Satiriker UND PLAUDERTASCHE – ist nach wie vor präsent, er ist sogar aktuell: Über Trump hat er geschrieben, ohne ihn erlebt zu haben

Egoistisch sei der US-Präsident, impulsiv, beschränkt urteilsfähig, ein Applaus heischender grober Kerl ...

Jessas, er meinte ja gar nicht Trump, er meinte Theodore Roosevelt ... der sich tatsächlich eine Art Boxkampf mit einem kleinen Naturforscher lieferte, weil der die Intelligenz von Tieren pries, während Roosevelt, ein Großwildjäger, darauf bestand: Tiere sind dumm und zum Erschießen da.

(Passt doch zu Trump: Er hat im November erlaubt, dass Amerikaner, die in Simbabwe und Sambia Elefanten erlegen, ihre "Sport-Trophäen" wieder in die USA einführen dürfen.)

Frechheit

Roosevelt war ein Fressen für Twain, der zwischen Erlebnisberichten und Familienerinnerungen (drei seiner vier Kinder starben) auch diesen Vorfall genüsslich erzählt:

Der Präsident ritt mit Freunden aus, ein Mädchen hätte ihn fast überholt, erst als sie Roosevelt erkannte, ließ sie ihr Pferd zurückfallen.

Roosevelt maßregelte sie wegen der "Frechheit" trotzdem und befahl: "Nimm die Nebenstraße!"

Die 15-Jährige: "Aber das ist die Straße zum Haus meines Vaters."

Roosevelt war das egal: "Geh – wirst du wohl!"

Insgesamt hat die dreiteilige Autobiografie mehr als 3000 Seiten.

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Mark Twain:
„Die Nachricht von meinem Tod ist stark
übertrieben“
Übersetzt von Hans-Christian Oeser.
Aufbau Verlag.
1055 Seiten.
51,40 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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