"Maria Stuart": Von der Ohnmacht der Mächtigen

Andrea Eckert als Elisabeth I. und Martina Stilp als Maria Stuart.
Viel Applaus für eine skelettierte Version von Schillers Trauerspiel „Maria Stuart“ im Volkstheater.

Die Macht, sie wohnt in kalten Herzen. Und der Mächtige? Ist auch nur Marionette im Machtgefüge.

Das suggeriert Regisseur Stephan Müllers in Schillers „Maria Stuart“ – auf knapp zwei Stunden komprimiert – im Volkstheater, illustriert mit muskelbepackten und teils tätowierten Kung Fu-Kämpfern.

Das Bühnenbild von Michael Simon: Eine verschiebbare gemaserte Holzwand, mit der sich der Bühnenraum öffnen oder extrem verengen lässt.

Das spannend und dicht erzählte Parabelstück von der Ohnmacht der Mächtigen beginnt mit ungeheurem Sprechtempo und einem künstlich erzeugten Zustand permanenter Atemlosigkeit.

Zwei Königinnen reizen den Kampf auf Leben und Tod virtuos aus.

Ping-Pong der Worte

Martina Stilp in der Titelrolle ist nach ihrer Flucht aus Schottland und zumindest gebilligtem Gattenmord ganz Stolz und Trotz. Und doch emotional bis zur Majestätsbeleidigung, die ihren Untergang besiegelt.

Ihre Gegenspielerin, ebenbürtig im Wort-Duell und Showdown ohne Waffen: Andrea Eckert als englische Königin Elisabeth I. verkörpert im historischen Polit-Thriller, mit huldvollen Hoheitsgesten kaschiert, nur eine andere Art Gefangene. Ein tragisches Aus-sich-he-rausgehen-Wollen aber Nicht- können. Sie ist geplagt von der eigenen Entscheidungsschwäche, abhängig von der Gunst des wankelmütigen Volkes und ausgeliefert dem Ränkespiel ihrer Berater.

Eckert verleiht der keineswegs nur kopfgesteuerten Monarchin Vielschichtigkeit.

Alle leben im Ausnahmezustand. Es herrscht Krieg. Die eiskalte Attitüde hat kurz Pause beim Tanz von Elisabeth mit dem Grafen von Leicester: Den Höfling mit changierender Loyalität spielt mit abgründig schleimiger Eleganz Günter Franzmeier.

Wie überhaupt fein artikulierter Zynismus zur Basisausstattung der Staatsräson (Burleigh: Patrick O. Beck) gehört. Schwarzgrau treten alle Funktionäre der Macht im intriganten Hofstaat auf, mit einer Ausnahme: Knallrot ausstaffiert, wird Jan Sabo zum Farbkleks als geckhafter, hitzig in Maria verliebter sterbender Retter.

Die Körpersprache mag ja manches über den Charakter von Personen verraten.

Gewöhnungsbedürftig ist trotzdem – neben dem unverhohlenen Pathos – die seltsam hölzerne Bewegungschoreografie der Akteure, die obendrein – sogar im Dialog oft voneinander abgewandt – meist direkt ins Publikum deklamieren.

KURIER-Wertung:

Kommentare