Maly Trostinez: Ein Ort ohne Wiederkehr

Auf dem Plateau der Neuen Burg, das auf den „Hitler-Balkon“ führt: die unprätentiöse, vielschichtige Wanderausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez“
Das Haus der Geschichte Österreich zeigt eine Wanderausstellung über die NS-Vernichtungsstätte Maly Trostinez

Es hatte zwei Wettbewerbe, viel Geduld und 13 Jahre Zeit seit der ersten Willensbekundung gebraucht. Aber dann, im September 2017, wurde auf dem Areal des ehemaligen Aspangbahnhofs in Wien-Landstraße ein Mahnmal für die Deportierten errichtet. Zwei sich verengende, im Dunkel verschwindende Betonschienen von Prinzgau/Podgorschek erinnern an die 47.035 Menschen, fast ausschließlich Juden, die von den Nationalsozialisten in 47 Transporten in die Ghettos und Vernichtungslager verbracht wurden.

Neun der Transporte gingen nach Maly Trostinez, etwa zwölf Kilometer südöstlich von Minsk (Weißrussland). Dort hatten die Nationalsozialisten im Sommer 1942, um die „Endlösung der Judenfrage“ umzusetzen, eine Vernichtungsstätte errichtet – als provisorischer Ersatz für ein in Mogilew geplantes, nicht fertiggestelltes Vernichtungslager. Man erschoss oder vergaste die Opfer nach deren Ankunft im nahen Wald von Blagowschtschina und ab 1943 im Wald von Schaschkowka.

Insgesamt dürften zwischen 50.000 und 60.000 Menschen ermordet worden sein, überwiegend Juden sowie sowjetische Kriegsgefangene und Zivilisten, die verdächtigt wurden, Partisanen zu sein. Ende Oktober 1943 begann ein Sonderkommando mit der Beseitigung der Spuren: Die Leichen wurden ausgegraben und verbrannt. Im Juni 1944 steckte man eine Scheune mit erschossenen Gefangenen in Brand; drei Tage später, als die Rote Armee eintraf, brannten die Leichenberge noch immer.

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Maly Trostinez in Vergessenheit – zumindest in Westeuropa. Denn es gab kaum Überlebende, die hätten berichten können. In Österreich war es Waltraud Barton, die ab 2010 mit dem von ihr gegründeten Verein „IM-MER Maly Trostinec erinnern“ den Ort ohne Wiederkehr ins Bewusstsein rief, Gedenkreisen organisierte und Aufklärungsarbeit leistete; auch der Autor dieser Zeilen wurde von ihr gerügt, weil er Maly Trostinez einmal als „KZ“ bezeichnet hatte.

Richtig ärgerlich

2014 nahmen sich Historiker aus Deutschland, Weißrussland, Tschechien und Österreich des Themas an. In der Folge entstand eine zweisprachige Wanderausstellung, die am 8. November 2016 in Hamburg eröffnet wurde. Derzeit (bis 27. Oktober) ist sie im Haus der Geschichte Österreich zusehen – auf dem Plateau der Neuen Burg, das auf den „Hitler-Balkon“ führt. Von diesem aus verkündete Adolf Hitler im März 1938 den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich.

Mit der unprätentiösen, vielschichtigen Schau „Vernichtungsort Malyj Trostenez“ reagiert Direktorin Monika Sommer wohltuend auf den belasteten Ort. Doch ihr Team ging bei der Aufbereitung lieblos, ungenau und richtig ärgerlich vor. Das beginnt schon mit dem Prospektmaterial. Denn man liest, dass die Schau „bislang in Deutschland und Belarus“ zu sehen gewesen sei. Tatsächlich wurde sie bereits 17 Mal gezeigt – darunter in Basel und in Theresienstadt bzw. Terezín (Tschechien).

Für die Präsentation in Wien hat man sie um einen Österreich-Teil ergänzt: Erzählt werden u.a. die tragischen Schicksale von Rudolf Gomperz, einem Pionier des Skisports, sowie des Ehepaars Lea und Pinkas Rennert. Bei der Gestaltung orientierte man sich nur ungefähr an den Originalstelen, auf die Übersetzung ins Russische verzichtete man nonchalant. Und die viel zu glänzenden Blätter mit den Texten wurden derart plump auf die Stelen geklebt, dass die Ecken wegstehen.

Maly Trostinez: Ein Ort ohne Wiederkehr

Der Österreich-Teil: Plump auf die Stelen geklebt, keine Übersetzung ins Russische  

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