MAK: Die Angewandte Kunst ist gelandet

MAK: Die Angewandte Kunst ist gelandet
Die Ausstellungen "Made4You" und "Dinge. Schlicht & einfach" machen neue Schwerpunkte im MAK deutlich.

Ehrfürchtig hat man die Stufen zum Museumssaal erklommen, blickt in die erste glänzende Vitrine und sieht – einen Apple-Computer. Tja, im MAK sind neue Zeiten angebrochen, und für die erstarkte Rolle von nützlichem und nicht bloß schönem Design reicht der an Kunst geschulte Blick nicht mehr aus: "Made4You – Design für den Wandel" ist eine astreine Industrial-Design-Ausstellung, mit der sich das Museum als Forum des zukunftsorientierten Ideenaustauschs neu positionieren will.

 

Sinnvolles

Der Apple-Computer, der am Eingang grüßt, verweist auf den Kurator der Schau: Hartmut Esslinger, bahnbrechender Designer und von 2006-2011 auch Professor an der Uni für Angewandte Kunst, entwarf u.a. den ersten Laptop für den kalifornischen Computerhersteller. Nun zeigt er, welche Gestaltungslösungen aus seiner Sicht in den Bereichen Mobilität, Freizeit, Arbeit und Gesundheit wegweisend sind: Ein ebenso wendiges wie sparsames Elektrofahrzeug von Renault etwa, ein billiger Ziegelofen zum schadstoffarmen Kochen in der Dritten Welt, aber auch ein neuartiges System unverfänglich aussehender Sexspielzeuge.

Teils begegnen in Esslingers Auswahl alte Bekannte: So fällt etwa die 1961 erfundene, in Sushi-Lokalen weltweit verbreitete Kikkoman-Sojasauce-Flasche ebenso unter "Design für den Wandel" wie die Wiener Niederflur-Straßenbahn ULF.

Produkte

Im musealen Kontext fühlt sich diese Alltagsnähe seltsam an: Bei Ausstellungen unter dem Vorgänger-Direktor Peter Noever mussten Designobjekte stets mindestens einen Schritt weit von der Nützlichkeit entfernt sein, ihre Zweckbestimmung ironisch brechen oder "kritisch hinterfragen". Die Zahnbürsten, Fahrzeuge und Trinkflaschen in "Made4You" tun nichts dergleichen, und so sehen einige Abschnitte stark nach Product-Placement aus: In einer Zeit, in der Flagship-Stores routinemäßig Vitrinen und andere Präsentationstechniken von Museen übernehmen, ist es für ein Museum eine echte Herausforderung, Produkte spürbar "anders" zu präsentieren.

Einfache Dinge

Die Kustoden der historischen Sammlungen im MAK haben es da leichter – sind ihre Objekte doch schon durch die Zeit dem Gebrauchsalltag entrückt. Die "SW-Möbel" ("Soziale Wohnkultur"), die Kurator Sebastian Hackenschmidt im Obergeschoß platzierte, waren einst Standardinventar von Nachkriegs-Wohnungen, nun dienen sie der Veranschaulichung des Prinzips "Einfachheit". Dieses Ideal, in Europa ab der Biedermeierzeit für Möbel und Gebrauchsgegenstände aufgegriffen, hat in Asien wiederum ganz andere Wurzeln. Die Gegenüberstellung von Möbeln mit asiatischen Reisschalen und Vasen einerseits und europäischen Stoff-, Metall- und Porzellanobjekten andererseits breitet im MAK ein entsprechend vielgestaltiges Spektrum reduzierten Designs aus. In einer Vitrine liegt schließlich ein Objekt, bei dem die Reduktion die Funktion erdrückt: ein Halsreifen von Manfred Nisslmüller (1987) aus einer Stahl-Blei-Legierung, 42,2 Kilo schwer und schlicht und einfach untragbar.

INFO: "Made4You" und "Dinge. Schlicht & einfach": Bis 7.10., MAK, Weisskirchnerstraße 3, 1010 Wien. www.mak.at

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