Was manche Bewerber um das Amt des Bundespräsidenten äußerln, ist für ihn „allertiefster Stammtisch“, von erschreckender Niveaulosigkeit und Ignoranz. Deshalb wendet sich der Kabarettist nach 28 Programmen in seinem neuen Solo „Über Leben“ (Premiere: 10. 10. im Stadtsaal in Wien) „wieder lustvoll der Banalität des Daseins zu – vor allem des eigenen.“
Er erzählt vom Leben, vom Erleben und Überleben – wie eh und je mit dem Schmäh, der für ihn „Philosophie, Widerstandsform und die von Kindheit an erlernte Taktik ist, die Welt zu ertragen“.
Bis zum 14. Oktober, seinem 75. Geburtstag, gelte er als älterer Mensch, sagt Resetarits im KURIER-Gespräch. „Danach ist man bis 90 ein alter Mensch. „Also werde ich kurz nach der Premiere von ,Über Leben‘ ein alter Mensch sein.“
Aber einer wie bisher im Unruhestand. Einer, der wie kürzlich in Rage auf Twitter explodieren kann, weil sich Johannes Rauch (Grüne) im Standard-Interview gegen neue Antiteuerungshilfen ausgesprochen hat: „Wir beklagen uns auf hohem Niveau“, fand der Gesundheits- und Sozialminister. Niemand solle so tun, als würden wir alle verarmen.
Das provoziert Wut beim um scharfe Pointen nie verlegenen Politik- und Gesellschaftskritiker. Das geht ihm gegen den Strich und führt schlagartig zum wortgewaltigen Widerspruch „in liebevoller Verzweiflung“. In „der Ahnung einer Art Vorverzweiflung knapp vor dem Pessimismus“. Konkret in Sorge darüber, „dass die Demokratie den Bach runtergeht“.
Resetarits liebt die Menschen, aber verzweifelt – eben liebevoll – an und mit ihnen. Die Dummheit habe nicht zugenommen. Sie sei nur sichtbarer geworden. Und die Dinge sind sehr viel komplizierter als in der Zeit seiner Jugend, die er im Buch beschreibt:
„Krowod“ ist seinem im April gestorbenen Bruder Willi gewidmet. Ohne ihn wäre der Erich nie zum Lukas – so sein zweiter Vorname – geworden. Ohne Willi wäre der ältere Bruder 1977 nie Kabarettist geworden. Zuerst bei Auftritten der „Schmetterlinge“, dann bei der Gruppe Keif und schließlich Solo.
„Krowod“ erzählt von den Wurzeln im kroatischsprachigen Stinatz. Und von Kuriosa. „Weil das Erzählen auch in meiner Familie liegt. Einige meiner Onkel waren bekannt für ihren guten Schmäh. Die haben unwahrscheinliche Raubersg’schichten erzählt, aber mit voller Ehrlichkeit.“
Die Krux heute, so der Wortkünstler: „Die Kommunikation findet meist nicht mehr direkt von Mensch zu Mensch wie früher statt, als es noch kein Fernsehen gab. Als man einander Geschichten erzählte.“
Krowod war anfangs auch die Erfahrung der Diskriminierung: „Aber der Willi und ich haben irgendwann beschlossen, dass wir uns selber stolz Krowoden nennen.“
Sozialisiert und fürs Kabarett geprägt in Favoriten und Floridsdorf wurde Lukas zum Wiener, der in Niederösterreich lebt. Der Erinnerungsband „Krowod“ vermittelt viel Zeitgefühl von seinerzeit, ist „nicht Nostalgie, sondern eine historische Beschreibung aus meiner – auch emotionalen – Sicht“, so Resetarits.
Wie das damals war mit dem Badewaschel im Amalienbad oder beim Gammeln in Venedig und München.
Es ist ein Blick zurück in eine Zeit, „als die tägliche Reinigung über dem „Lawuua“, dem Lavoir, erfolgte.
Als es noch einen „Geldscheißer“ gab, eine männliche Figur aus Schokolade, die in der Arschfalte ein Ein-Groschenstück stecken hatte.
Und als der Erich Lukas bereits im Kindesalter erkennen musste, „dass Erwachsenwerden keineswegs quasi automatisch zu einem Intelligenzgewinn führen muss“.
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