"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Die Räumlichkeiten des Winterpalais dürfen nur die Kulisse abgeben: Die Sammlung Titze wird hier und im 21er Haus ausgestellt
Die Ausstellung "Love Story" zeigt, was in der Kunstwelt falsch läuft.

Wir sind jetzt also wieder im Barock. In einer Zeit, in der sich eine Elite in abgeschlossenen Zirkeln vergnügte und das Volk sich glücklich schätzen konnte, wenn es einen Blick auf die schönen, wenn auch seltsamen Spiele der edlen Herrschaften erhaschen konnte. Der Unterschied ist: Heute, 2014, dienen öffentliche Museen als Guckkästen auf diese Elite. Selbst zum Sammeln nicht mehr fähig, sehen sich die Institutionen gezwungen, dem neuen Geldadel unter Vernachlässigung ihrer ureigensten Aufgaben den Hof zu machen.

Die vom Belvedere ausgerichtete Ausstellung "Love Story" exemplifiziert diese Entwicklung, die der Sammler Harald Falckenberg – just in einer Publikation der Messe "Art Basel " – die "Re-Feudalisierung der Kunst" nannte. Als Schauplätze der "Love Story" dienen das Winterpalais des Prinzen Eugen in der Wiener Himmelpfortgasse und das 21er Haus. Zwei Kulturbauten also, die in den vergangenen Jahren mit 35,6 Millionen Euro an öffentlichem Geld um- und ausgebaut wurden. Sie dienen nun als Bühne für die Privatsammlung des Unternehmensberaters Wolfgang Titze und seiner Frau Anne, einer Journalistin. Es ist eine Trophäensammlung, in der sich minimalistische, repräsentatives und spektakulär gehypte Kunst von den 1970ern bis heute die Hand reicht.

Bilder der Ausstellung

"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien
"Love Story" im Belvedere: Ein Guckkasten auf die Elite

Belvedere Wien

Auftrag

Mit dem kulturpolitischen Auftrag des Belvedere hat die Schau rein gar nichts zu tun. Bis auf zwei Künstler (Erwin Wurm und Heimo Zobernig) lässt die Titze-Sammlung Österreich links liegen, das Belvedere setzt dem auch nichts aus eigenen Beständen entgegen. Im Winterpalais kann es dabei etwas flamboyanter zugehen: Hier hängen die unvermeidlichen Großformate von Anselm Kiefer und Georg Baselitz, ohne die keine neofeudale Sammlung heute auskommt; eine Skulptur von Anthony Gormley bekommt etwas Goldglanz eines Kabinetts ab.

In den lichten Momenten denkt man noch an jene venezianischen Palazzi, die zur Biennale-Zeit mit Kunst gefüllt werden. Titze denkt an Größeres: Die Schau, die Kitschkönig Jeff Koons 2008 am Vorabend der Lehman-Brothers-Pleite in Schloss Versailles eröffnete, habe ihn "zu Tränen gerührt", erklärte der Sammler.

Als Kunstkritiker beweint man in der Schau eher den eigenen Bedeutungsverlust: Kritische Öffentlichkeit spielt in der Bildung des Kunstkanons, der hier gefeiert wird, längst keine Rolle mehr. Was in der Kunst wichtig ist, machen sich Galeristen, Kunstberater und Sammler untereinander aus. Kuratoren der mittellosen Museen – die eigentlichen Experten – dürfen dies dann nachbeten.

Im positiven Sinn davon abgehoben ist der zentrale Raum im 21er Haus geraten: Hier sieht man mit Werken von Dan Flavin, Frank Stella, Robert Morris und anderen eine Zusammenschau des US-Minimalismus, die in Wien selten erlebbar ist.

Spekulativ

Gleich um die Ecke aber lassen Beispiele aus der jüngsten, hoch spekulativ gehandelten US-Malergeneration – darunter ein knallpinkes Bild eines Slayer-Konzerts (!) von Barnaby Furnas – zweifeln, ob wirklich distinguierter Geschmack oder nicht doch eher Einflüsterungen die Kaufentscheidung lenkten. Vermittelnde Wandtexte sind in dieser Schau übrigens Mangelware – das Publikum darf, ja soll, sich offensichtlich mit dem Staunen begnügen. Wem die Kunst kein Staunen abringt, der staunt eben über die Früchte österreichischer Museumspolitik.

Kommentare