Louis Begley: "Ehe ist Glückssache"

Am 18. und 19. Oktober 2013 wird der amerikanische Schriftsteller Louis Begley bei "Literatur im Nebel" in Heidenreichstein zu Gast sein.
Der New Yorker nimmt zu „Literatur im Nebel“ seine neue Romanfigur Lucy mit.

Lucy kommt ins Waldviertel. Sie geht auf die 70 zu. Fesch. Reich. Aber furchtbar gehässig. Schwierige Person. Man darf ihr nicht alles glauben.

An ihrem Ex-Mann, der sie einst verlassen hat, lässt sie kein gutes Haar. Dabei ist er eh schon tot.

Sie lügt ihn sich sozusagen schlecht, um weiterleben zu können.

Lucy ist die neuste Romanfigur von Louis Begley. Der New Yorker macht sich gerade gemeinsam mit seiner Frau, der französischen Historikerin und Schriftstellerin Anka Muhlstein und seinem Buch „Erinnerungen an eine Ehe“ auf den Weg nach Heidenreichstein: Ab Donnerstag ist er Ehrengast des Festes „Literatur im Nebel“.

80 ist Louis Begley am vorigen Sonntag geworden. Erfolgreicher Anwalt war er. Seit gut 20 Jahren – seit dem Weltbestseller „Lügen in Zeiten des Krieges“, dem Buch über seine jüdische Familie, die sich in Krakau vor den Nazis versteckte – gehört er zu den großen US-amerikanischen Romanautoren:

Elegant plaudernd, einfühlsam, stilsicher und ironisch – man denke an „Schmidt“, jenen pensionierten, verlorenen Rechtsanwalt. Jack Nicholson hat ihn in der Verfilmung gespielt.

In „Erinnerungen an eine Ehe“ ist ein einsamer, 70-jähriger Schriftsteller der Erzähler. Seine Frau ist gestorben. Das war eine gute Ehe. Er begegnet in New York einer Jugendfreundin, Lucy. Einst war sie hinreißend. Jetzt ist sie verbittert. Ihr „Ex“ kam aus armen Verhältnissen und war einst bester Freund des Schriftstellers. Von Lucy hört er mit großem Staunen, welches „Monster“ er gewesen sei; und er überprüft Lucys Version ...

KURIER: Ist das Leben schrecklich? Oder ist es vielleicht doch nur Kabarett?

Louis Begley: Ich mag Kabarett nicht, und ich mag mein Leben sehr. Deshalb glaube ich, es ist weder schrecklich noch Kabarett.

Und die Ehe? Sie haben ja im neuen Roman über die Ehe geschrieben. Lächerliche Angelegenheit? Unnötig?

Das glaube ich nicht. Meine eigene Ehe ist sehr glücklich. Die Ehe kann nützlich sein für Paare, die Kinder wollen oder Kinder haben und der Familie eine erkennbare Struktur bieten wollen.

Haben Ihre Frau und Sie etwas gescheiter gemacht als andere? Sie sind seit fast 40 Jahren miteinander verheiratet.

Wir sind froh, dass wir einander gefunden haben. Das ist Glück, nicht Intelligenz. Jeder lässt dem anderen genügend Raum, jeder respektiert die Arbeit des anderen, dessen Gewohnheiten, dessen Geschmack.

Die Lucy, von der Sie erzählen, muss man ja nicht unbedingt heiraten. Ist es nicht gefährlich für einen männlichen Autor, eine böse Frau als Symbol für eine bestimmte Gesellschaftsschicht darzustellen?

Gibt es Heldinnen in der Literatur, die liebenswert sind? Anna Karenina? Emma Bovary? Ich weiß schon, Sie meinen die „political correctness“ der heutigen Zeit. Sie ist die Antithese zum literarisch Wertvollen ... Außerdem: Meine Romanfiguren sind niemals Symbole. Nicht einer bestimmten Lebensart und überhaupt nie. Sie sind Fleisch und Blut, so gut ich ihnen das halt geben kann.

Als Sie Lucy porträtiert haben – hat sie da gewissermaßen versucht, Sie dazu zu bringen, beim Schreiben besonders nett mit ihr umzugehen?

Lucy hat all meine Sympathie! Weil sie allein ist; weil sie aus ihrem Leben eine Lüge gemacht hat; weil sie ein Opfer jener Zeit ist, in der Frauen sich noch nicht auf ein Leben einstellen konnten, in denen sie einen Beruf haben; weil sie an Depressionen litt – eine Krankheit, die in den 1950er-, 1960er-Jahren von Psychiatern an die Psychoanalyse weitergereicht wurde . Was so effektiv war wie Aspirin für jemanden, der sich seinen Knöchel gebrochen hat.

Lucy lügt sich die Geschichte zusammen, dass ihr einstiger Ehemann ein Monster war. Wie gehen Sie privat mit solchen Menschen um? Gehen Sie ihnen aus dem Weg?

Wäre das nicht entsetzlich grausam, Menschen zu meiden, die sich über etwas hinwegtäuschen und sich belügen, um am Leben bleiben zu können? Verdienen nicht gerade diejenigen, die sich so quälen, unsere ganze Sympathie?

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