Literatur-Vorschau 2018: Mehr Platz für schräge Typen

Das erste Buch von Tom Hanks
Einige große Namen, aber das Schönste wird heuer das Entdecken.

Die Linzer Schriftstellerin Margit Schreiner und ihr Mann Bruno haben eine kleine Wohnung dazu gekauft – für die Bücher.

Das macht es in der Hauptwohnung auch nicht viel einfacher, vom Bett zum Schreibtisch zu gelangen. Darüber hat Schreiner in "Kein Platz mehr" geschrieben. Erscheinungsdatum ist der 6. Februar.

Warum muss Thomas Bernhard umfallen, wenn man den Staubsauger holt?

Das Problem wird 2018 nicht kleiner.

Wieder ist mit etwa 30.000 neuen Romanen und Erzählbänden zu rechnen – die Verlage veröffentlichen mehr und mehr, in der Hoffnung, dass eines ihrer Bücher einschlägt.

Hausbesuch

Und es wird – abseits programmierter Bestseller wie Arno Geigers "Unter der Drachenwand" (10. 1. – Achtung Spoiler: Höchstwertung!) und dem Abschluss der Neapolitanischen Saga von Elena Ferrante ("Die Geschichte des verlorenen Kindes", 2. 2.) und Ferdinand von Schirachs sezierende Kurzgeschichten "Strafe" (5.3.) und David Foenkinos Romanbiografie "Lennon" (12. 3.) und Jean-Paul Belmondos "Meine 1000 Leben" (8. 5.), 85 wird Belmondo, und vielleicht David Mitchells Haus, das sich nur alle neun Jahre für einen Besucher öffnet – diesmal sind WIR der Besucher, der nicht mehr den Weg hinaus finden: aus dem "Slade House" (28. 6.) und und und ...

– es wird heuer wieder eine Menge Bücher geben, die man "probieren" will (und danach auf dem Weg vom Bett zum Schreibtisch stolpert). Sogar Hollywood-Schauspieler Tom Hanks, 61, kann schreiben.

So gut wie "Akte X"-Star David Duchovny. (Aber – Achtung Spoiler: Fader als Duchovny.) Die Erzählungen von Hanks mit dem Titel "Schräge Typen" (1. 2.) waren wochenlang in der Bücher-Hitparade der New York Times. Z.B., fliegen vier Freunde in einer 100 Dollar teuren Raumkapsel rund um den Mond. Nachher freut sich einer über Obstsalat.

Schräge Typen braucht das Land – und das Buchregal sowieso. Viele gibt’s 2018 allerdings nicht.

Immerhin für Kinder das "Rosa Monster" (29. 1.) der Autorin und Illustratorin Olga de Dios aus San Sebastián, das es rasch in Spanien zu zehn Auflagen geschafft hat.

Nonkonformismus mit nur einem Auge, vielen Haaren und einem Mund, so breit, dass die Kiefer krachen.

Und jene "Vögel", die Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe auf ihrer amerikanischen Reise trifft (in "Prawda" ab 8. 3.), die sind auch nicht ohne.

Doch sonst ... Liebe und Tod und dazwischen Trauer. Und Familie und Trennung und dazwischen Trauer. Ein Kind verschwindet, eine Frau wird ermordet, noch eine Frau wird ermordet. Und dazwischen Trauer.

Bis zum Sommer könnte Zeit für Entdeckungen sein. Das ist spannender, als sich auf prominente Namen zu verlassen.

Vielleicht wird ja der Isländer Bergsveinn Birgisson zum Freund – weil (bzw. obwohl) Karl Ove Knausgård ihn empfiehlt: In "Die Landschaft hat immer recht" (30. 1.) führt ein Fischer in den Westfjorden Tagebuch über Wind und Wetter und über seine Suche nach – Liebe.

(Von Knausgård folgt am 26. 3. "Im Frühling" und am 29. 5. "Im Sommer", und danach ist hoffentlich Pause.)

Oder Christof Weigold hinterlässt Eindruck. Er war einer der Autoren der "Harald Schmidt Show", und "Der Mann, der nicht mitspielt" (15. 2.) ist sein Romandebüt:

Es geht um den Stummfilmkomiker Fatty Arbuckle. Der Dicke war der Erste, der in Hollywood pro Jahr mehr als eine Million Dollar verdiente. Dass er so rasch vergessen wurde, liegt am Mordverdacht, unter den er 1921 auf einer Party geriet.

Nicht nur Weigolds Krimi entlastet ihn.

Sex bis 90

Zu entdecken ist garantiert die Wiener Unterwelt in der Nachkriegszeit unter Führung vom "Notwehr-Krutzler". Für "Schwere Knochen" (12. 4.) ließ sich David Schalko von wahren Begebenheiten inspirieren.

Literatur-Vorschau 2018: Mehr Platz für schräge Typen
Mareike Fallwickl, Schriftstellerin

Mareike Fallwickl (Bild) könnte mit ihrem ersten Roman "Dunkelgrün fast schwarz" (5.3.) die Richtige sein. Eine Dreiecksgeschichte mit zwei verwundeten Männern und einer verwundeten Frau.

Oder die New Yorker Psychoanalytikerin Arlene Heyman: Ihr literarisches Debüt über Sex zwischen 65 und 90 heißt "Scary Old Sex" (23. 4.). Das wird lebenslustig. Und gruselig mitunter.

***

Margit Schreiner schreibt in ihrem aktuellen Roman "Kein Platz mehr":

"Wahrscheinlich ist der Sinn des Todes, endlich Platz zu machen."

Danke.

Das war aber jetzt wirklich nicht notwendig.

Von Jänner bis Juli

Jänner:
Teil eins von Haruki Murakamis „Die Ermordung des Commendatore“ über ein geheimnisvolles Gemälde hat in Japan, bei aller Liebe zum Autor, Diskussionen ausgelöst, ob nicht doch zu viel unnötiger Nebel eingesetzt wurde. (Der zweite und letzte Teil folgt im April). Roberto Saviano, der von der Camorra verfolgte Journalist, hat seinen ersten Roman geschrieben: „Der Clan der Kinder“ . Die erste große Satire über Donald Trump heißt „Pussy“ und stammt von Howard Jacobson. Und kein Jänner ohne T.C. Boyle, „Good Home“ sind Kurzgeschichten .
Februar:
J.R.R. Tolkiens 100 Jahre alte „Geschichte von Kullervo“ wurde ausgegraben. Nobelpreisträger J. M. Coetzee philosophiert seinen Flüchtlingsroman „Die Kindheit Jesu“ weiter: Auch in „Die Schulzeit Jesu“ kommt Jesus nicht vor. Clemens J. Setz führt ein „Gespräch ohne Autor“ – weil dem Autor nichts einfällt, was er antworten möchte. Norbert Gstrein schaut in „Die kommenden Jahre“. Gerhard Haderer hat Peter Turrinis „Rozznjogd“ gezeichnet.
März:
Monat mit den meisten Neuerscheinungen. Mögliche Leckerbissen: David Grossman mit „Eine Taube erschießen“, Heinrich Steinfest mit – erstmals gar nicht absurd – „Die Büglerin“, Josef Winkler mit „Lass dich heimgeigen, Vater“, die Dostojewskij-Biografie von Andreas Guski (die erste seit 25 Jahren), Pulitzer-Preisträger Michael Chabon mit „Moonglow“, Livia Klingl mit „Der Lügenpresser“, Ruth Cerha mit „Traumrakete“, Maja Lunde mit „Die Geschichte des Wassers“ ...
April:
Authentische Stimme aus SyrienKhaled Khalifa lebt in Damaskus und weiß: „Der Tod ist ein mühseliges Geschäft“. Plus Martin Walser mit „Gar alles“. Plus Klüpfel/Kobr mit „Kluftinger“.
Mai:
Cees Nooteboom wird 85, „Mönchsauge“ erscheint, George Saunders hat den Booker Prize für „Lincoln im Bardo“ bekommen: Der Sohn des Präsidenten stirbt, man streitet um dessen Seele. (Größte Vorfreude!)
Juni:
In „High Dive“ von Jonathan Lee will jemand Margaret Thatcher 1984 in die Luft jagen. Und wieder etwas von der anonymen Elena Ferrante, „Frantumaglia“. Ildefonso Falcones wandert für „Die Erben der Erde“ ins Barcelona des Jahres 1387. Linn Ullmann, Tochter von Ingmar Bergman, setzt sich mit Vater an einen Tisch und schaltet das Aufnahmegerät ein: „Die Unruhige“.
Juli:
„Der Geist der Science Fiction“ ist ein verspieltes Frühwerk Roberto Bolanos. Über den „Fall Dora“ wurde viel geschrieben. Freuds berühmte Patientin Ida Bauer ist gemeint. Jetzt schreibt Katharina AdlerIda“: Ida war ihre Urgroßmutter,
Danach kommt schon der „Bücherherbst“.

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