"Selfies sind sehr gefährlich"

Lily Allen tritt beim FM4-Frequency-Festival auf, das heuer von 13. bis 16. August stattfindet
Nach der ausgedehnten Babypause zeigt sich Lily Allen mit ihrer CD "Sheezus" so kantig wie eh und je.

Mit dem Hit "Not Fair" startete Lily Allen 2009 auch in Österreich durch. Doch kurz danach zog sie sich zurück, um mit dem Bauunternehmer Sam Cooper eine Familie zu gründen. Anfang des Jahres startete sie mit dem Nummer-eins-Hit "Hard Out Here" zum Comeback.

Im Interview mit dem KURIER erzählt die 29-Jährige, warum sie auf dem eben erschienenen Album "Sheezus" nach wie vor in expliziter Sprache über Sex und Feminismus schreibt.

KURIER: Im Titelsong "Sheezus" sprechen Sie über den Konkurrenzkampf zwischen Stars wie Lady Gaga, Rihanna und Katy Perry. Stimmt es, dass das von einem Twitter-Streit mit Azealia Banks ausgelöst wurde?

"Selfies sind sehr gefährlich"
Lily Allen, Sängerin
Lily Allen:Der Song handelt nicht direkt von diesem Vorfall. Er hat mich aber sehr inspiriert. Ich hatte gerade mit der Arbeit an dem neuen Album begonnen, als Banks ohne Grund anfing, meine Familie zu beschimpfen. Das hat mich sehr geärgert. Aber dieser Ärger hat wieder dieses kreative Feuer in mir angeheizt. Der Song handelt davon, wie die Frauen im Musikbusiness von den Medien gegeneinander ausgespielt und in einen künstlichen Konkurrenzkampf getrieben werden.

Hat "Sheezus" auch eine religiöse Bedeutung?

Nein, das eine Hommage an Kanye West und dessen Album "Yeezus". Für ihn hatte das eine religiöse Bedeutung, aber bei mir geht es nur um die Pop-Kultur. Deshalb habe ich den Song "Sheezus" auch als Album-Titel genommen. Denn ich schreibe auf dieser Platte über Soziale Medien und ihre Auswirkungen, Frauenhass im Musikbusiness, aber auch über Liebe und Sex.

Sie sind bekannt dafür, gerne freizügig und explizit über Sex zu schreiben. In dem Song "L8 CMMR" bezeichnen Sie Ihren Mann als einen "late comer" im Bett. Wie hat er das aufgenommen?

Ich habe ihn natürlich gefragt, ob ich das auf das Album nehmen darf, klar. Wenn nicht, wäre er fuchsteufelswild geworden. Zuerst hat er die Idee gehasst, aber er hat sich schnell daran gewöhnt.

Sie sprachen vorhin von den Auswirkungen der Sozialen Medien. Sie benützen Twitter und Facebook aber auch selbst. Was bemängeln Sie daran?

Die Eitelkeit. Schon Twitter hat bewirkt, dass wir alle viel eitler geworden sind und uns selbst sehr wichtig nehmen – und da schließe ich mich selbst ausdrücklich ein. Aber für sehr gefährlich halte ich die Instagram-Generation. Es heißt, dass die jungen Leute heute im Durchschnitt 22 Selfies pro Tag posten. Das ist mehr als eines pro Stunde, wenn man bedenkt, dass sie auch ein paar Stunden schlafen. Was das auf lange Sicht bewirken wird, wird man erst sehen. Aber ich hoffe, dass dieser Trend wieder vorbei ist, wenn meine Kids mich um ein Smartphone bitten.

Sie werden in den Sozialen Medien oft böse angegriffen. Warum exponieren Sie sich trotzdem weiterhin auf diesen Plattformen?

Angegriffen zu werden ist ein Nebenprodukt von dem, was ich tue. Ich bin eine bekannte Person, die polarisierende Texte schreibt. Was nicht heißen soll, dass das nicht auch weh tut. Denn früher konnte man sagen, oh, das ist nur ein blöder Journalist, der so etwas schreibt. Jetzt aber sind es reale Leute – dein eigenes Publikum. Aber ich mag an Twitter, dass man sich damit über alle Grenzen hinweg über aktuelle Ereignisse in der Welt austauschen und den Blickwinkel anderer Leute kennenlernen kann.

Das Lied "Hard Out Here" handelt vom Sexismus im Musikbusiness ...

Da geht es schon allgemeiner um den Sexismus in der Welt. Die Inspiration dafür kam von einer Freundin, die in der Filmindustrie arbeitet. Sie sagte, dass Männer, die denselben Job machen, viel schneller befördert werden. Ich bekomme zwar immer wieder gesagt, dass mein Feminismus falsch ist, aber da gibt es nach wie vor viel zu tun.

Was ist an Ihrem Feminismus falsch?

Keine Ahnung. Ich denke einfach nur, dass Frauen und Männer gleich sind und gleichgestellt sein sollen. Diese Kritik kommt zumeist von Journalistinnen. Und die meinen wohl, dass man jedes einzelne Kriterium einer Feministin erfüllen muss, bevor man darüber schreiben darf. Aber ich habe nie behauptet, dass ich das mache. Und ich schreibe keine Bücher, sondern nur dreiminütige Pop-Songs. Also ist es für mich unmöglich, alle Facetten des Themas abzudecken.

Karriere: Lily Rose Beatrice Allen wurde am 2. Mai 1985 als Tochter des Schauspielers Keith Allen und der Filmproduzentin Alison Owen in London geboren. Als sie 17 war, traf sie bei einem Ibiza-Urlaub Produzenten, die ihre Texte vertonten.

Erfolg: In England gelang Allen der kommerzielle Durchbruch 2006 mit dem Hit "Smile" und dem Debüt-Album "Alright, Still". In Europa setzte sie sich erst 2009 durch.

Kommentare