Letzter Besuch in der Barbary Lane 28

Armistaed Maupins Finale der "Stadtgeschichten" aus San Francisco löst ein Gefühl der Verbundenheit aus.

Ist es schon so lange her, dass Mary Ann vom Land nach San Francisco gekommen ist und in der Barbary Lane Nr. 28 eine kleine Wohnung gemietet hat?

Die naive Mary Ann fragte die Hausherrin: "Haben Sie irgendwelche Vorbehalte gegen Haustiere?"

Und Anna Madrigal antworte, ehe sie sich wieder ihren Cannabispflanzen im Garten widmete: "Meine Liebe ... ich habe gegen gar nichts Vorbehalte."

40 Jahre ist das her.

Und jetzt kommt das Ende, der neunte Roman, der Abschluss der "Stadtgeschichten" von Armistead Maupin. Dieser so lieb und doch so herrlich provokant schreibende Amerikaner ist 72 und würde gern noch etwas anderes erleben.

Seine "Stadtgeschichten" mit den vielen tollen Menschen, die auf ihrer Suche nach dem Glück unzählige Freundschaften mit Lesern geschlossen haben, wurden zur TV-Serie, zum Musical sogar – und das soll reichen.

Nach Winnemucca

Die legendäre Transgender-Dame Anna Madrigal ist nun 92, und – ungern wird man es erfahren: Sie bekommt eine Kerze mit Batterie geschenkt. Mit Einschaltknopf. Offenes Feuer ist zu gefährlich für sie geworden.

Einen Wunsch hat sie: eine Reise in den Ort Winnemucca in Nevada, wo sie – damals noch ein Bub, 16 Jahre alt – aus dem Puff, der einst ihr Zuhause war, weglief.

So geht das Finale in "Die Tage der Anna Madrigal"; und es ist ein Schluss, der ein heiteres Gefühl der Verbundenheit auslöst – auch weil bekannt wird: Der Name ist ein Anagramm, man kann die Buchstaben von "Anna Madrigal" in andere Reihenfolge bringen, dann steht: "a man and a girl". Jeder trägt alles in sich.

Seine wichtigsten Sätze stehen nicht in den "Stadtgeschichten". Die hat Armistead Maupin, einst Liebhaber von Filmstar Rock Hudson (und vor allem sein langjähriger Freund) gesprochen:

"Das Einzige, das ich bereue, weil ich schwul bin, ist: Ich habe es zu lange unterdrückt. Aus Angst habe ich meine Jugend darauf verzichtet, jemanden zu lieben. Macht diesen Fehler nicht. Das Leben ist verdammt kurz."

Armistead Maupin:
„Die Tage der Anna Madrigal
Übersetzt von Michael Kellner.
rororo. 335 Seiten. 11,30 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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