Leopold Museum: Mit Wittgenstein an den Grenzen der Bilderwelt

Leopold Museum: Mit Wittgenstein an den Grenzen der Bilderwelt
„Ludwig Wittgenstein – Fotografie als analytische Praxis“ im Leopold Museum verdichtet archivalische Schätze und zeitgenössische Kunst

„Aber ist ein verschwommener Begriff überhaupt ein Begriff? Ist eine unscharfe Fotografie überhaupt ein Bild eines Menschen? Ja, kann man ein unscharfes Bild immer mit Vorteil durch ein scharfes ersetzen? Ist das unscharfe nicht oft gerade das, was wir brauchen?“

Allein über diese Notiz in Ludwig Wittgensteins „Philosophischen Untersuchungen“ lässt sich endlos nachdenken. Im Auftaktsaal der Ausstellung, die das Leopold Museum im 70. Todesjahr des Philosophen eingerichtet hat, können Besucherinnen und Besucher das unter besonderen Bedingungen tun: Man steht dort vor einem Schaukasten mit der Original-Handschrift und wird von riesenhaft reproduzierten Gesichtern angestarrt.

Einige der Bilder, die die Vitrine säumen, sind unscharf. Beim US-Künstler Trevor Paglen sieht man sich einem digitalen Konstrukt gegenüber, für das Gesichtserkennungs-Algorithmen die Charakteristika eines speziellen Gesichts aus zahllosen Porträts herausfilterten – das Bild bezeichnet einen Menschen, der so nie fotografiert wurde. Aus dem nächsten Saal blitzen die Bilder von Gillian Wearing hervor: Sie stellte ihr Familienalbum nach und verkleidete sich mit lebensecht wirkenden Masken als ihre eigene Mutter, ihr Vater oder ihr jüngeres Selbst.

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