Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"
Das Münchner Museum eröffnet runderneuert mit viel Platz für Expressionisten.

Es tut immer wieder gut, den Wiener Blick ein wenig nach Westen, nach München zu richten: Bei aller „Wien um 1900“-Seligkeit ist es nämlich schon so, dass man in Bayern in puncto Kunst-Avantgarde sehr oft die Nase vorn hatte. Es gab dort zuerst eine Secession, Egon Schiele hatte in München 1912 seine erste internationale Ausstellung, und er bemühte sich vergeblich, mit der dort aktiven Gruppe „Der Blaue Reiter“ um Wassily Kandinsky, Franz Marc und Alexej Jawlensky gemeinsame Sache zu machen.

Es gibt keinen Ort, an dem besser von dieser Münchner Aufbruchszeit erzählt wird als das Lenbachhaus. Fast vier Jahre war die „Städtische Galerie“, die über die weltweit größte Sammlung zur Kunst des „Blauen Reiter“ verfügt, wegen Umbaus geschlossen. Ab heute, Mittwoch, ist sie wieder zugänglich.

Bilder: Impressionen aus dem neuen Lembachhaus

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

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Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

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Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Lenbachhaus: Neueröffnung mit "Blauem Reiter"

Famos: „Blauer Reiter“

Augenfällig an der rund 60 Millionen Euro teuren Runderneuerung ist vor allem ein Zubau der (gern für derartige Projekte gebuchten) Architekten Foster & Partners.

Mit einem Atrium, in dem eine Skulptur des (gern für derartige Projekte gebuchten) Künstlers Olafur Eliasson von der Decke hängt, öffnet sich das Haus nun zum Vorplatz und dem dort gelegenen U-Bahn-Ausgang hin. Vom Atrium selbst steigt man ohne Vorgabe eines fixen Rundgangs in die verschiedenen Gebäudeteile.

Die Sammlung von Werken des „Blauen Reiter“ ist ganz oben untergebracht, und sie ist ein absolutes Highlight – nicht nur wegen der großartigen Bilder, sondern auch wegen des Tageslichts, das durch die Decke einfällt und die Räume wunderbar luftig macht.

Das Baukasten-Museum

Das Lenbachhaus war aber nie nur ein Expressionisten-Museum: Die wuchtigen Repräsentationsräume des „Malerfürsten“ Franz von Lenbach, der sich hier 1887/’88 erst sein Atelier und später seine Villa erbauen ließ, sind ebenso Teil des Ensembles wie Zubauten, die ab 1924 entstanden. Mit einem Ocker-Anstrich hatte man stets versucht, den Bau „wie aus einem Guss“ erscheinen zu lassen. Auch der jüngste Baustein passt sich mit einer Alu-Kupfer-Fassade an.

Doch nicht nur die Gebäude, auch die Sammlungen des Museums wurden spürbar nach dem Lego-Prinzip erweitert. Im Zubau von 1924 zeigt man nun deutsche und französische Kunst des 19. Jahrhunderts, die – bisweilen recht unvermittelt – auf großformatige Bilder von Gerhard Richter und auf eine massive Stahlbalken-Installation von Richard Serra (1987) trifft.

In Lenbachs einstigem Ateliertrakt ist nun Joseph Beuys untergebracht, konkret die zwei Installationen „Aufbruch aus dem Lager I“ (1970/’80) und „zeige deine Wunde“ (1974/’75), ergänzt durch einige kleinere Beuys-Werke, die ein privater Sammler stiftete.

Beuys war es auch, der dem Museum den Startschuss zum Aufbau seiner Gegenwartskunst-Sammlung gab. Sie nimmt im neuen Lenbachhaus prominenten Platz ein – und hinterlässt einen durchwachsenen Eindruck.

Die Dauer-Documenta

Im Kern sind die Ankäufe Spuren von Ausstellungen der vergangenen Jahre: Erwin Wurm (zuletzt 2009/’10 in der Dependance „Kunstbau“ gezeigt) empfängt die Besucher gleich hinter dem Atrium mit einem Spalier aus Skulpturen. Eine Figur (Ohne Titel, 2008) würde aus dem Tor der alten Villa in den Garten blicken, wenn sie nicht kopflos wäre. Weitere „Hauskünstler“ sind Thomas Demand (der Fotokünstler gestaltete auch den neuen Schriftzug am Eingang), Gerhard Richter oder Wolfgang Tillmans. Bilder von Maria Lassnig (letzte Ausstellung 2010 im Kunstbau) sind neben Arbeiten von Valie Export zu sehen, eine Kombination, die es auch 1980 auf der Biennale Venedig gab.

Nicht, dass die Werke schlecht wären – doch anders als im historischen Teil des Museums fehlt das Gefühl, dass die Zeitgenossen-Galerie ein spezifisches Kunstgeschehen abbildet. Man fühlt sich eher wie auf einer Documenta oder einer Biennale, die musealen Staub angesetzt hat.

Statt dem ideellen Band einer Künstlergruppe (wie dem „Blauen Reiter“) oder einer lokalen Szene (wie „Wien um 1900“) spürt man allerdings, was die Kunstwelt heute sonst zusammenhält: Es sind die privaten Gönner, die Ankäufe finanzieren und Kunst auf Dauer leihen.

Besonders ein anonymes Ehepaar, das sich hinter einer „KiCo-Stiftung“ verbirgt, hat mit vielen Legosteinchen an der Zeitgenossen-Sammlung des Lenbachhauses mitgebaut. Vielleicht ist es diese Mäzenatenkultur, die einmal als typisch für „München um 2013“ gelten wird.

Das neue Lenbachhaus

Ab heute, Mittwoch, ist das neue Lenbachhaus in München (Luisenstraße 33, nahe U2 Königsplatz) für das Publikum zugänglich. Bis Sonntag ist der Eintritt frei, ab dann werden 10 € (ermäßigt 5 €) für den Eintritt in alle Sammlungen verlangt (täglich außer Montag, 10–20 Uhr, ab 1. Oktober bis 18 Uhr). Eine Jahreskarte kostet 20 € (ermäßigt 10 €).

Das Lenbachhaus entstand ab 1887 zunächst als Atelier des Malers Franz von Lenbach, bis 1890 wurde ein Wohntrakt im Stil toskanischer Villen hinzugefügt. 1924 erwarb die Stadt München die Anlage und ließ einen weiteren Trakt anbauen; 1929 wurde das Haus als Museum eröffnet.

1957 übergab Gabriele Münter, einst Lebensgefährtin von Wassily Kandinsky und selbst Malerin, der Galerie ihren wertvollen Bestand an Bildern des „Blauen Reiter“, der 1965 nochmals um eine Schenkung des Ehepaars Köhler ergänzt wurde. Dies machte einen nochmaligen Zubau nötig.

Zum Lenbachhaus gehört auch der 1994 eröffnete unterirdische „Kunstbau“, in dem zuletzt u. a. Ausstellungen zur Band „Kraftwerk“, zu Duchamp, Schiele und anderen zu sehen waren. 2002 gewann das Büro Foster & Partners die Ausschreibung zur nunmehrigen Erweiterung.

Lenbachhaus

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