Das auch von außen einsichtige Erdgeschoß der Landesgalerie hat nun also eine Shiota-Behandlung bekommen: Ausgehend von fünf Booten erhebt sich ein Gewölbe, gesponnen aus roten Wollfäden. Es nimmt den Schwung der Architektur sowie jenen der Bootsformen auf. Was allerdings fehlt, ist eine Lichtregie: War der fensterlose Venedig-Pavillon durch gekonnte Lichtsetzung entrückt, ist die Installation in Krems vom Tageslicht abhängig, was ein Stück der Magie nimmt.
Dafür gibt es: Partizipation. Denn wenngleich Boote ein häufiges Motiv bei Shiota sind, sind es hier Donauzillen, zur Verfügung gestellt von der Freiwilligen Feuerwehr Krems und dem Verein „Zille Wachau“. Der Bezug zur Donau bildet sich auch in Kopien von Landkarten ab, die im Wollnetz verteilt sind. Assoziationen dürfen hier fließen: von Lebensadern und Verbindungslinien zwischen Ländern bis hin zur Seelenverwandtschaft von Menschen.
Die Offenheit ist aber zugleich auch das Problem von Shiotas Wohlfühlkunst: Ihre ästhetische Anmut scheint nirgendwo wirklich verankert, ihre Bezugnahme auf die Welt ist beliebig und hinterlässt nach dem Erstkontakt keine Geheimnisse mehr.
Wer von Kunst gern auch gefordert wird, findet in der Landesgalerie dennoch reichlich Gelegenheit dazu – die Sammlungsausstellung, auf die oberen drei Geschoße verteilt, darf nämlich als äußerst geglückt bezeichnet werden.
Eine Zusammenstellung aus den Beständen des Landes – von rund 100.000 Werken entfallen etwa 72.000 auf die Zeit seit 1960 – muss wohl auch ein Stück weit beliebig sein. Doch Ridler gelang zusammen mit Alexandra Schantl, Leiterin der Landessammlungen, nicht nur die Auswahl, sondern auch eine stimmige Inszenierung.
Das Konzept hangelt sich dabei an recht typischen Begriffen („Fragen des Körpers, des Geschlechts, des Prozesses ...“) entlang, setzt aber überzeugende Konstellationen von Werken ein. Auch hier scheint der Dreiklang ein Motiv zu sein.
Da steht Roman Scheidls Gemälde „Bildermarkt“ einer riesigen Materialansammlung des Kunstanarchos Padhi Frieberger und dem Bild „Mäusemoral“ des Künstlers TOMAK gegenüber – alle als Grübeleien über die Rolle des Künstlers lesbar, aber in einer eigenständigen Formsprache ausgeführt. Toll auch der Abschnitt über „Transzendenz“, in dem Motive der Volksfrömmigkeit auf abstrakte Zugänge zum Thema treffen.
Die Schau ist nicht von „großen Namen“ geleitet – viele kennt man nicht, von anderen hat man länger nichts mehr gehört – sondern vom Bewusstsein, dass Künstlerinnen und Künstler von ähnlichen Kräften getrieben werden, auch wenn diese nicht immer gleich stark ausgeprägt sind. Regionale Zugehörigkeit tritt dabei in den Hintergrund, und so kann auch eine Landessammlung die Bewegungen der „Kunst seit 1960“ gut illustrieren.
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