"Lady Day" hat ihre Songs gelebt
In ihrer bittersüßen Stimme steckt Trauer, Leid und Melancholie, dass wir immer noch Gänsehaut kriegen. Wie sie "Don’t Explain", "I’m A Fool To Want You" und andere Klassiker zart und zerbrechlich interpretiert, rührt und berührt bis heute Herz und Seele. Und heute wäre Billie Holiday 100 Jahre alt geworden.
Sie konnte sich die Noten zurechtbiegen, wie sie wollte. Ähnlich einem Musiker, der auf seinem Instrument improvisiert. Und sie wollte auch immer so singen, wie Louis Armstrong Trompete spielte. Bei ihr wurden kleine Lieder zu großer Kunst.
Musikrevolutionärin
Billie Holiday selbst hätte wohl nie gedacht, dass ihre Musik auf Jahrzehnte hinaus Millionen Menschen ansprechen würde. Denn sie sagte: "Ich habe keine authentische Stimme. Meine Stimme ist ein einziges Chaos."
Geboren als Eleanor Fagan, hält sie sich als Putzfrau in einem Bordell über Wasser, ehe sie als Sängerin in einem Nachtclub jobbt. Mitte der 30er-Jahre singt sie in den Bands von Benny Goodman, Count Basie und Artie Shaw.
Das Publikum liebt "Lady Day", wie sie der Saxofonist Lester Young nannte, wenn sie – mit einer weißen Gardenie im Haar – im Rampenlicht singend ihre Seele bloßlegt.
Doch der Ruhm hat auch Schattenseiten für die schwarze Sängerin in einem Amerika der Rassentrennung. Wie in der Biografie "Billie Holiday" von Julia Blackburn dokumentiert, wurde sie von den Behörden verfolgt, weil sie anklagende Lieder vortrug wie – erstmals 1939 – "Strange Fruit", eine bitterer Klage über die Lynchmorde an farbigen Amerikanern in den Südstaaten der USA: Ihr bekanntester Song – vom Time-Magazin zum "Song des Jahrhunderts" gewählt – gilt als eindrucksvollste musikalische Anklage gegen den Rassismus in den USA.
Im Juli 1959 stirbt Billie Holiday mit nur 44 Jahren in New York nach einem langen Kampf gegen Alkoholismus und Drogensucht an Leberzirrhose.
Neuinterpretationen
Inspiration ist sie seither für viele Künstler: Diana Ross spielte Lady Day in dem Film "Lady sings the Blues".
Dee Dee Bridgewater verkörperte sie im Musical "Lady Day" am Broadway.
Und die britische Sängerin Rebecca Ferguson lässt das legendäre Album "Lady Sings The Blues" (1956) der Jazz-Ikone in einer neuen Aufnahme zum augenzwinkernden Jazzpop werden.
TV-Doku & Tribute: Arte-Schwerpunkt am 12. April: "Billie Holiday – A Sensation" (22.05 Uhr); "Tribute To Billie Holiday: Ein Abend mit Cassandra Wilson" (23 Uhr)
Biografie: Ihr Leben war so intensiv wie ihre Musik: Das Porträt der ersten schwarzen Jazzmusikerin von Weltgeltung, die ein Leben auf dem Drahtseil führte, zeichnet Julia Blackburn in "Billie Holiday" (Berlin Verlag). Für die Biografie wurde lange verschollenes Mate- rial ausgewertet: 150 Interviews mit Zeitzeugen, die Billie Holiday aus nächster Nähe kannten.
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