Lachen über die Atombombe, die mit Antilopenfleisch verwechselt wurde

Als Chef eines Medienunternehmens mit 100 Mitarbeitern arbeitete er sich zum Burn-out, danach begann Jonas Jonasson zu schreiben.
Beim neuen Roman "Die Analphabetin, die rechnen konnte" des Schweden Jonas Jonasson geniert man sich fast dafür, dass alles so lustig ist.

Allan wünschte seinen Freunden einen guten Morgen und bekam ebenfalls einen gewünscht.“

Der Satz ist bemerkenswert. Denn er ist da rein und dort rausgegangen und hat dazwischen nichts getan.

So wurde den Lesern von „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ manchmal eine Verschnaufpause gegönnt.

Man war froh darüber.

Denn was der alte Allan Karlsson aufgeführt hat, das hatte ein verrücktes Tempo drauf, bist du g’scheit!

Man musste ihm die Daumen drücken, dass er’s schafft, in seinen braunen Schlapfen mit Mafiageld und Elefant zu entkommen.

„Der Hundertjährige“ ist ein Phänomen: Seit zwei Jahren hält er sich in den Bestsellerlisten. Im deutschsprachigen Raum wurden mehr als zwei Millionen Exemplare verkauft. Der schwedische Medienunternehmer Jonas Jonasson (100 Mitarbeiter) hatte es nach seinem Burn-out in der Stille des Luganer Sees geschrieben.

Und jetzt Jonassons zweiter Roman, „Die Analphabetin, die rechnen konnte“. Ist er genauso gut? Er ist ähnlich, hat einen wahren Kern (das südafrikanische Kernwaffenprogramm der 1970er) – und er ist noch lustiger.

Latrinentonnen

In jeder Zeile steckt das ernsthafte Bemühen, für wohltuenden Lacher zu sorgen. Sofort tauchen im Kopf des Lesers bunte Zeichnungen auf, das Buch ist also ein Comic.

Erst gegen Ende wird das permanente Vergnügen unangenehm, man will ja auch wieder ernst sein (und kichert leise weiter).

Um die neue Heldin braucht man keine Angst zu haben – die schafft das locker:

Nombeko ist ein südafrikanisches schwarzes Mädchen aus Soweto, das Scheiße schleppt. Sie ist Latrinentonnenträgerin und verblüfft Latrinentonnenträgerchefs mit ihren Rechenkünsten.

Als sie im Alter von 14 in Johannesburg auf dem Gehsteig vom Auto des versoffenen Ingenieurs van der Westhuizen überfahren wird, wird freilich sie bestraft.

Noch regiert die Apartheid, und der wunderbare Erzähler Jonas Jonasson will beim Blödeln schon auch zeigen, dass oft Verbrecher und/oder Idioten das Sagen haben in der Welt.

Die schwerverletzte Nombeko wird verurteilt, bei van der Westhuizen als Gratis-Putzfrau zu arbeiten.

Der Bsuff hat den Regierungsauftrag, sechs Atombomben bauen zu lassen. Seine Putzfrau hilft mit, weil sie einfach die Klügere ist.

Die 7. Bombe

Irrtümlich werden aber sieben Bomben gebaut, und 1991 werden mit US-Hilfe sechs vernichtet.

Bleibt eine Bombe übrig.

Lachen über die Atombombe, die mit Antilopenfleisch verwechselt wurde
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Auch Nombeko bleibt übrig, denn van der Westhuizen hat sich’s mit Mossad-Agenten verscherzt. Was soll sie jetzt machen? Nombeko schenkt Israel die Bombe und bekommt als Gegenleistung ein Flugticket nach Schweden. Plus eine Kiste mit ihrem geliebten Antilopenfleisch, die man voraus schicken möge. Als sie in Stockholm ankommt, wartet die Atombombe auf sie.

Das reicht.

Vielleicht sollte man noch ergänzen: Holger 2 existiert nicht; die „Nieder mit dem ganzen Scheiß“-Partei bekommt regelmäßig eine Stimme; Lenin tötet; Pferde aus der Ming-Dynastie sind verdammt billig; Schwedens König trägt stolz frisches Hühnerblut auf der Brust.

Man wird ganz deppert beim Lesen. Aber soll man Jonasson vorwerfen, dass er’s so gut mit uns meint? Danken muss man ihm.

KURIER-Wertung:

INFO: Jonas Jonasson: „Die Analphabetin, die rechnen konnte“. Übersetzt von Wiebke Kuhn. Carl’s books. 416 Seiten. 20,60 Euro.

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