"La Juive“ in Linz: "Remigration jetzt“ und "Lügenpresse“ auf der Opernbühne
Das Landestheater Linz zeigt die Oper „La Juive“ von Fromental Halévy (Von Helmut Christian Mayer).
05.03.24, 13:15
"La Juive“ („Die Jüdin“) von Fromental Halévy war das erfolgreichste und spektakulärste Werk der Gattung „Grand Opéra“, das nach seiner Uraufführung 1835 in Paris ganz Europa mehrere Jahrzehnte in helles Entzücken versetzte. Heute wird die Oper jedoch nur mehr selten aufgeführt, obwohl sie einen von Hass und Rache geprägten religiösen Fundamentalismus zum Inhalt hat und aktueller denn je ist.
Erzählt wird vom Terror, der den Juden von der katholischen Kirche im 15. Jahrhundert in Deutschland angetan wurde, wodurch diese als Reaktion von Rache und Hass angetrieben wurden.
Grau und kerkerartig sind die dicken Mauern, die die Bühne am Linzer Landestheater dominieren, mit einer Glas-Rosette einer gotischen Kathedrale. Die Juden wohnen in einer kargen Kellerwohnung im Untergrund.
Zeitlos
In diesem Ambiente (Bühne: Dieter Richter) erzählt Marc Adam die Geschichte aus dem 15. Jahrhundert in Konstanz zeitlos, nahe am Heute und recht statisch bei den Massenszenen. Er konzentriert sich bei seiner klaren Personenführung auf die Protagonisten. Nur am Ende des ersten Aktes kommt es zu einer recht plakativ wirkenden Demo eines aufgehetzten Mobs mit Transparenten wie „Remigration jetzt“ oder „Unser Volk zuerst“, „Lügenpresse“. Zuletzt darf Éléazar überleben, ob dessen Rache- und Hassgefühle kleiner werden, darf bezweifelt werden.
Yannis Pouspourikas schafft bei seinem Debüt am Pult des Bruckner Orchesters Linz ein sensibles, aber auch vibrierendes Klangbild der opulent-eleganten Musik. Der französische Dirigent baut weite, farben- und emotionsreiche Spannungsbögen und reizt die Dynamik aus, ohne die Sänger zuzudecken.
Und diese, und das ist bemerkenswert, sind fast ausschließlich aus dem hauseigenen Ensemble besetzt, und danken es ihm mit außergewöhnlichen Leistungen. Allen voran fasziniert Matjaž Stopinšek als jüdischer Goldschmied Éléazar mit kraftvoll elegantem, höhensicherem Tenor und intensiven Emotionen. Erica Eloff singt dessen Tochter Rachel mit vielen Facetten. Ilona Revolskaya als Prinzessin Eudoxie hört man mit kleinem, koloraturensicherem Sopran. Dominik Nekel gefällt als präsenter Kardinal de Brogni mit meist profundem Bass, nur einige wenige Töne sind ihm zu tief.
Seungjick Kim als eitler Reichsfürst Léopold übertreibt manchmal mit tenoraler Kraftprotzerei, singt ihn aber mit phänomenaler Höhe. Fast immer im Einklang mit dem Graben hört man sehr homogen und klangvoll den Chor. Stehende Ovationen!
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